Freitag, Dezember 31, 2004

Joi Ito über die Möglichkeiten von Blogs

"... Weblogs betrachtet Ito als exzellent für die Meinungsbildung, weil sie ein Mittelding darstellen zwischen reinen statischen Websites, auf denen man Besucher nur schwer halten könne, sowie Mailinglisten, die immer wieder die Aufmerksamkeit der Nutzer überstrapazieren würden. Die Online-Journale entsprächen dagegen mit ihren einfachen Schnittstellen für das Hochladen von Inhalten sowie standardisierten Möglichkeiten zur 'Content-Syndication' der 'traditionellen Ethik des Internet'. Vor allem die Trackback-Funktion, mit der Blogger ihre Einträge gegenseitig weitgehend automatisch verlinken, haben laut Ito 'den Internet-Diskurs komplett verändert.' Die Online-Kommunikation gestalte sich nun wie bei einer Cocktail-Party: Wenn etwas interessant sei, werde es sofort in die allgemeine Konversation aufgenommen. Uninteressante Beiträge würden einfach ignoriert..."

Quelle: http://www.heise.de/newsticker/meldung/54686

Filmzitat des Tages

"You may wonder what woke you up. That was me slitting your throat."

- Jack Nicholson @ Marlon Brando in "The Missouri Breaks"

Mittwoch, Dezember 29, 2004

Brot statt Böller

Kongo, schon mal gehört? Das ist so ein Land im Zentrum von Afrika. Von 1998 bis 2002 gab es dort einen Krieg in dem mehr als drei Millionen Kongolesen starben, in erster Linie natürlich Zivilisten. Nach 2002 verschwand der Kongo vom Radaer der internationalen Berichterstattung. Dabei geht das Gemetzel weiter. Pro Tag (!) sterben im Kongo zur Zeit 1000 Menschen. And no one cares.

Der Planet ist voll von Konflikten, Bürgerkriegen, Hungerkatastrophen. Man kann sich nicht für jedes dieser Probleme engagieren, natürlich nicht. Aber wie kommt es, daß wenn am Indischen Ozean 150.000 Menschen oder mehr sterben, alle entsetzt aufschreien und schockiert ihren Suppenlöffel fallen lassen, aber wenn in Ostafrika Tausende verhungern oder langsam an AIDS zu grunde gehen, davon kaum jemand Notiz nimmt bzw. es unter "ferner liefen" abbucht?

Zunächst einmal wäre da natürlich die Kürze der Zeit, in der diese immense Anzahl an Toten die jetzt am Indischen Ozean zu beklagen sind zu stande gekommen ist. Wenn 150.000 Menschen innerhalb von ein paar Stunden durch eine Naturkatastrophe sterben erregt dies unsere Aufmerksamkeit offenbar eher, als wenn 360.000 Menschen innerhalb eines Jahres in einem Konflikt im tiefsten Afrika umkommen.

Viel wichtiger ist allerdings natürlich die Rolle der Medien. Vom Kongo gibt es eben keine 24h Live-Berichterstattung wie jetzt aus Thailand, Sri Lanka oder Indonesien. Deswegen weiß kaum jemand vom Kongo-Konflikt oder dessen brutaler Intensität (das was dort stattfindet gilt als eines der größten Gemetzel seit dem 2. Weltkrieg). Wenn es dann aber ständig zerstörte Häuser, Leichen, weinende Kinder, verstörte Touristen und verzweifelte Einheimische aus Asien auf NTV und N24 zu sehen gibt, dann legt der deutsche Bundesbürger entsetzt die Butterstulle hin und ihm rollen die Krokodilstränen über die Wangen.

Ja, so ist das mit dem mündigen Bürger. Aufmerksamkeit und Emotionen widmet er einem Sachverhalt immer dann, wenn er über die Medien vermittelt bekommt, daß es mal wieder soweit ist. Dann -- und erst dann -- zückt er auch sein Scheckbuch. Und nein, es ist nichts einzuwenden dem Aufruf unseres Bundesaußenministers zu folgen und das ursprünglich für Silvester-Böller eingeplante Geld lieber den Opfern des Tsunamis zu spenden. Irgendwo muß man ja mal anfangen.

Und wenn dann die Neujahrsnacht hereinbricht und es dunkel bleibt in Deutschland, weil man wie vorgeschlagen sein Geld gespendet hat, dann ist der Bürger wieder mit sich im Reinen, wischt sich schniefend die Tränen weg. Klar, hätte man genauso gut schon vorher etwas für andere Menschen spenden können, z.B. für Hungernde in Afrika. Aber was nicht ist kann ja noch werden und die Medien werden den Konsumenten schon zu verstehen geben, wann es wieder soweit ist. Derweil gilt die Aufmerksamkeit dann erst mal wieder den neusten Geschichten aus dem Big Brother Container.

In Memoriam: Susan Sontag

"... Die Stimmen, die zuständig sind, wenn es gilt, ein solches Ereignis zu kommentieren, schienen sich zu einer Kampagne verschworen zu haben. Ihr Ziel: die Öffentlichkeit noch mehr zu verdummen. Wo ist das Eingeständnis, daß es sich nicht um einen 'feigen' Angriff auf die 'Zivilisation', die 'Freiheit', die 'Menschlichkeit' oder die 'freie Welt' gehandelt hat, sondern um einen Angriff auf die Vereinigten Staaten, die einzige selbsternannte Supermacht der Welt; um einen Angriff, der als Konsequenz der Politik, Interessen und Handlungen der Vereinigten Staaten unternommen wurde? ..."

aus: Susan Sontag, "Die falsche Einstimmigkeit der Kommentare", 15.09.01, vollständig z.B. hier

Dienstag, Dezember 28, 2004

Microsoft vertickt Slate an die Washington Post

1996 von Michael Kinsley gegründet avancierte Slate im englischsprachigen Web schnell zu einem der bekanntesten Magazin neben Wired und salon.com.

Von allen Artikelserien ist sicherlich die über die "Bushisms", die berühmteste. Am Anfang seiner Amtszeit fiel George W. Bush in erster Linie dadurch auf, daß er kaum einen geraden Satz herausbrachte. Viele seiner Aussagen wiesen inhaltliche oder grammatikalische Defizite auf, was streckenweise sehr amüsant war. Der Slate-Redakteur Jacob Weisberg hat dann angefangen, diese sogenannten "bushisms" zu sammeln und die Liste immer wieder zu aktualisieren. Inzwischen hat er dazu geschlagene fünf Bücher herausgebracht, die ihn vermutlich zu einem reichen Mann gemacht haben. Nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 war es dann in den USA nicht mehr so "en vogue", derart über Bushs sprachliche Fehltritte zu lästern. Faktisch war er immer noch derselbe inkompetente Politclown wie am Anfang seiner Amtszeit, allerdings wurde er nun aufgrund der Ereignisse zunehmend mehr als seriöser Staatsmann wahrgenommen.

Da Slate von Microsoft finanziell abhängig war stand es trotz formal unabhängiger Redaktion immer unter dem Generalverdacht, Artikel nur im Sinne von Microsoft zu verfassen. In der Praxis zeigte sich jedoch, daß dieser Vorwurf so nicht haltbar war. Etliche Artikel richteten sich klar gegen Microsoft, so z.B. die Empfehlung den Browser Firefox anstelle des Internet Explorer zu verwenden. Konsequenterweise dankte jetzt Jacob Weisberg auch Microsoft dafür, daß man immer unabhängig berichten durfte.

Obwohl Slate von Anfang an von Microsoft (bzw. MSN) gehostet wurde, erinnerte diese Kooperation immer irgendwie an eine "Zwangsehe". Das eher liberale und gerne mal provokative Slate paßte nicht zur sicherlich etwas konservativeren Firmenpolitik von Microsoft. Wirklich überraschend kam die Bekanntgabe, daß man Slate an die Washington Post verkaufen will daher nicht, zudem bereits seit längerem Gerüchte in dieser Richtung in Umlauf waren.

Schätzungsweise 20 Millionen US-Dollar hat sich die Washington Post diesen Spaß kosten lassen und will nun mit Slate natürlich auch Geld verdienen, was bei Webmagazinen immer ein schwieriges Unterfangen ist. Es soll jedoch am Aufbau des Magazins erstmal nichts geändert werden, auch die Redaktion bleibt dieselbe. Angeblich soll das Portal sogar weiterhin bei MSN (slate.msn.com) gehostet werden.

Montag, Dezember 27, 2004

Blogs bei MSN Spaces -- annehmbar oder nicht?

(eine Antwort auf die Kommentare zum Beitrag "Teenager als Hauptzielgruppe für MSN Spaces?")


Quote: "Es ist leicht andere Menschen mit klugen, hochgestochenen Worten und sei es mit denen anderer, wirklich kluger Köpfe."

*lacht* "Es ist leicht andere Menschen..."? Da fehlt doch mindestens noch ein Verb, damit der Satz Sinn ergibt. Aber ich will nicht kleinlich sein, ich kann mir ja ausmalen, was es heißen sollte :D.


Quote: "Ich finde Dich, wie Du Dich präsentierst herablassend, und gleichzeitig interessant."

Arroganz ist neben Sarkasmus das Stilmittel schlechthin, um ein wenig zu provozieren. Und Provokation / Sarkasmus tut manchmal ganz gut, um einen Mißstand aufzuzeigen. Und das Niveau auf dem sich die Mehrheit der Blogs bei MSN inhaltlich befinden, ist wirklich ein Mißstand. Um zu dieser Erkenntnis zu gelangen, muß man nicht zwangsläufig hochmütig sein, es reicht auch eine nüchterne Bestandsaufnahme. Aber mit der allein eckt man nirgendwo an, animiert man niemanden zum Nachdenken oder zum Kommentieren.


Quote: "... die einkaufen gehen, gerne fotos machen, zum frühstück zeitung lesen..."

Wogegen ja auch nichts einzuwenden ist. Blogging kann -- unter anderem -- auch bedeuten, ganz alltägliche Erlebnisse festzuhalten. Schließlich passieren einem im Alltag manchmal kuriose Dinge, die auch für Dritte unterhaltsam sind. Oder man reflektiert kurz über das Verhalten von Mitmenschen, die man während des Tages getroffen hat. Es gibt unendlich viele Möglichkeiten, wie scheinbar ganz banale Vorgänge und Gedankengänge so zu Papier gebracht werden können, daß sie auch für andere interessant und/oder unterhaltsam sind. Die Frage ist: Passiert das auch bei den Blogs, die man hier bei MSN Spaces finden kann? Ich persönlich sehe da im Moment nur sehr wenig Licht.

Alternativ kann man natürlich seinen Blog als reinen "Egotrip" schreiben, wo es einem gänzlich egal ist, ob das noch irgend jemand anderen interessiert oder unterhält. Das ist legitim und durchaus auch Praxis. Doch wenn man den Blog dann öffentlich macht, muß man dann trotzdem damit rechnen, daß Dritte sich zu dem Verfaßten äußern.


Quote: "... und trotzdem ca. 100 seitenbesucher pro tag haben..."

Na ja, die Anzahl der Seitenbesuche als solche sagt wenig aus. Selbst wenn man 1000 oder 10.000 Besucher pro Tag auf seinem Blog hat, erlaubt das ja keine Rückschlüsse auf die Qualität des Inhalts. Tausende Bundesbürger lesen täglich die Bild-Zeitung. Und, belegt dieser Umstand, daß die Bild eine qualitativ hochwertige, lesenswerte Tageszeitung ist?


Quote: "Hmm, die gute alte Provokationstaktik funktioniert immer noch."

Siehe oben. Selbst wenn man die Polemik von meinem Beitrag subtrahiert, bleibt immer noch ein Rest an glatter Tatsachenfeststellung. Sonst klick dich doch einfach mal durch die neuen und aktualisierten Blogs und sag mir, daß du dabei nicht das Grauen kriegst (oder zumindest vor Langeweile gähnst) :D.

Ich sag ja auch nicht, daß mein Blog nun die pure Weisheit oder das pure Entertainment ist. Für klassische Blogs sind einige meine Einträge sicherlich schon wieder zu lang. Aber ich find das halt besser als den umgekehrten Fall, wo man dann fast nichts zu lesen hat und das wenige dann nicht mal einen informativen Charakter hat.


Quote: "Vielleicht sind die etwas älteren Semester zurückhaltender und machen nicht alles jedem zugänglich."

Hm, du meinst die wirklich guten Blogs kriegt man gar nicht zu lesen, weil sie nicht öffentlich sind, sondern höchstens einem kleinen Kreis von Eingeweihten zugänglich gemacht werden? Das kann natürlich sein, aber im Gegensatz zum Tagebuch schreiben ist der Grundgedanke beim Blogging ja gerade, daß man das Verfaßte auch öffentlicht macht. Es wäre schade, wenn du recht hast und die wirklich gut geschriebenen Blogs irgendwo ein einsames Dasein im Dunkeln fristen.

Sonntag, Dezember 26, 2004

Teenager als Hauptzielgruppe für MSN Spaces?

Gehe ich die aktualisierten und neu eingerichteten Blogs bei MSN Spaces durch, sind die Inhaber über den Daumen gepeilt zu 70% zwischen 15-17 Jahre. Wie kommt das? Wird MSN Spaces inzwischen auch bei MTV TRL gezielt beworben? Gib's n Jamba-Update welches MSN Spaces empfiehlt? Oder haben Teenager unterm Strich ganz einfach mehr Zeit für solche Spielereien wie Blogs?

Ich meine, 17 ist keineswegs das Durchschnittsalter der internationalen Blogger Community, das scheint schon eine MSN eigene Erscheinung zu sein. Ansich ist gegen dieses Phänomen ja auch nichts einzuwenden. In Zeiten, in denen Pisa grassiert, wäre es eigentlich positiv, wenn die Kids wenigstens im Web etwas mehr schreiben und kreativ werden. Wenn das Ganze dann aber doch wieder nur im SMS-Slang passiert und bunte Smileys und Schrifttypen im Vordergrund stehen, ist es doch nur wieder die Fortsetzung des Grauens mit anderen Mitteln.

Verzweifelt war ich auf der Suche nach Blogs bei MSN, die ich hier als Favoriten verlinken und empfehlen kann. Allerdings ohne Erfolg, ich habe nicht einen einzigen Blog gefunden, der mir wirklich zusagte. Dabei sind meine Vorstellungen gar nicht so utopisch, ich meine, es geht hier nicht um die Entdeckung eines künftigen Nobelpreisträgers. Aber über den obligatorischen Dreizeiler sollte man vielleicht schon hinaus kommen.

Na ja, MSN Space ist ja noch Beta, vielleicht schafft es wenigstens eine handvoll Blogs auf ein Level, auf dem man überhaupt mal etwas zu lesen findet (und nicht nur Fotogalerien, Smileyketten und "gestern war ich einkaufen" Statements).

Freitag, Dezember 24, 2004

*lacht* Get a haircut, hippie!

Harald Schmidts Rückkehr ins deutsche Fernsehen verlief weitgehend unspektakulär. Es gab kaum wesentliche Änderungen zum altbekannten Aufbau der Show bei Sat1. Die Sendung wird auf 30 Minuten begrenzt, es gibt keine Talkgäste mehr und die Showband muß ohne ihren ehemaligen Chef Helmut Zerlet auskommen. Viel mehr Neues gab es aber auch nicht.

Am auffälligsten war da noch das neue Erscheinungsbild von Schmidt. Mit langen zerzausten Haaren, einem Rauschebart und einer doch sichtbaren Körpergewichtszunahme, wirkte er wie ein der GEW nahestehender Alt-68er-Pädagoge, der sich nachmittags erst mal ein Stündchen hinlegt bevor er Mathe- und Deutscharbeiten korrigiert.

Ansonsten war er aber wie gewohnt scharfzüngig, wobei das Highlight meiner Meinung nach in der Begründung für den Wegfall der Gäste lag: mit VIVA wurde auch Deutschlands größtes "Schlampen Reservoir" (Schmidt) trockengelegt. Eine Anspielung darauf, daß Schmidt sich immer gerne junge VIVA-Moderatorinnen einlud -- nicht unbedingt um einen intellektuellen Diskurs zu pflegen, mehr wegen der Optik.

Donnerstag, Dezember 23, 2004

Die Rückkehr des Late-Night-Gurus

Heute ist es endlich soweit, genau ein Jahr nachdem er seine Kreativpause angetreten hat, kehrt Harald Schmidt ins Fernsehen zurück. Um 21:45 feiert er zusammen mit Sidekick Manuel Andrack in der ARD seine Wiederauferstehung. Diesen Spaß hat sich die ARD was kosten lassen, für das kommende Jahr soll Harald Schmidt 8 Millionen Euro einstreichen -- für 64 Sendungen. Pro Sendung kassiert er damit also 125.000 Euro (bei Sat1 waren es m.E. "nur" 40.000 pro Sendung), die anders als früher nur noch eine halbe Stunde geht. Pro Minute verdient Harald Schmidt damit roundabout 4167 Euro. Traumjob.

Klar das so ein Deal nicht ohne Gezeter über die Bühne geht. So hat die ARD angekündigt Uefa-Pokal-Spiele aufzugeben, um Harald Schmidt sein astronomisches Gehalt finanzieren zu können. Woraufhin Schalke-Manager Rudi Assauer befand, es sei "eine Katastrophe, wenn es damit losgeht, daß Harald Schmidt statt der Vereine die Kohle kassiert" (SPON).

Nun, das ist natürlich Ansichtssache. Ich persönliche ziehe es vor mit meinen GEZ-Gebühren Harald Schmidts dekadenten Lebenswandel zu finanzieren und dafür 2x in der Woche wirklich unterhalten zu werden, statt mir irgendwelche mittelmässigen Fußballspiele von prolligen Ruhrpottmannschaften reinzuziehen. Noch besser wäre natürlich gewesen, den ganzen anderen Müll aus dem Programm zu kloppen, z.B. diese unseeligen Volksmusiksendungen oder diese lausig produzierten Tatort-Folgen jeden Sonntag. Ich würde Harald Schmidt auch 100 Millionen gönnen, nur damit dieser Dreck aus dem Fernsehen verschwindet.

Unabhängig davon, ob man Harald Schmidt nun mag oder nicht, ist es also doch zu begrüßen wenn er so viel Kohle erhält, wenn dadurch andere Sendungen weggespart werden, die wirklich von ausgesprochen mieser Qualität sind.

Weihnachtswahn

Gemeinhin sagt man, der Mensch (im christlich geprägten Abendland) empfindet Weihnachten nur in zwei Phasen seines Lebens als positiv: während er noch selber ein Kind ist und sich auf die Geschenke freut und später wenn er dann selber Familie hat und sich daran erfreut, wie sich seine eigenen Kinder und Enkel für Weihnachten begeistern können. Dazwischen liegt ein Lebensabschnitt in welchem die meisten Menschen Weihnachten als eher nervig oder lästig empfinden. Der Konsumterror, der ganze Kitsch um einen herum, der Streß mit der Familie, das zelebrieren von Riten die man als inhaltslos und oberflächlich erachtet.

Gründet der Mensch keine eigene Familie, hat er kaum Aussichten die zweite Begeisterungsphase zu erreichen und verweilt auf ewig in der Zwischenphase. Oder noch schlimmer, er gründet zwar eine eigene Familie, findet aber "das Fest der Liebe" trotzdem weiterhin zum Kotzen und muß dann gegenüber dem Nachwuchs die Freude umso intensiver vorheucheln.

Kurzum: Ob man Weihnachten mag oder nicht hängt im wesentlichen davon ab, ob man eher ein Familienmensch ist oder nicht, da Weihnachten nun mal das klassische Familienfest schlechthin ist. Zumindest ist es sicherlich der Tag im Jahr, an dem die wenigsten Menschen allein sein möchten.

Einige Mitmenschen planen auch einfach schon weiter und sind in Gedanken beim Jahreswechsel noch bevor Weihnachten vorüber ist. Die Neujahrsnacht ist dann tendenziell auch eher wieder was fürs junge Partyvolk, denn für gereifte Familienmenschen.

Eine Handlungsoption wäre natürlich auch, zwischen Weihnachten und Neujahr überhaupt nicht mehr nüchtern zu werden. Das ganze Prozedere des Jahresausklanges im Vollrausch über sich ergehen zu lassen, erscheint doch irgendwie verlockend, oder nicht? Allein schon um von diesen ganzen Jahresrückblicks-Shows im Fernsehen verschont zu werden :p.

Mittwoch, Dezember 22, 2004

Die deutsch-asiatische MSN Blogger Community

Sieht man sich die Liste mit den aktualisierten und neu eingerichteten deutsprachigen MSN Spaces an, dann fällt auf, daß der Anteil bilingualer deutsch-asiatischer Blogs überdurchschnittlich hoch zu sein scheint. Hier einige Beispiele:

Überwiegend handelt es sich hier um Studenten aus China und Japan, die zur Zeit in Deutschland studieren. Bleibt die Frage, warum gerade diese Gruppe so "blogstark" ist. Vermutlich hat es etwas mit der Kommunikationskultur zu tun und auch mit einer überdurchschnittlich hohen Aufgeschlossenheit gegenüber technischen "Gimmicks" (man bedenke z.B., daß in Japan bereits UMTS eingeführt und erfolgreich vermarktet wurde, als es hier in Europa noch darum ging, welcher Anbieter wie viel für eine Lizenz zahlt).

Ein weiterer Grund könnte aber natürlich auch sein, daß die asiatischen Gaststudenten hier in Deutschland etwas isoliert und nicht wirklich integriert sind, daß sie sich einsam und fremd fühlen. Das ist rein spekulativ, aber so abwegig nun auch wieder nicht. Über das Web ist es einfacher Kommilitonen zu finden, die aus dem gleichen Land und Kulturkreis stammen wie man selbst (und sich in derselben Situation befinden). Das spiegelt sich auch in den Blogs wieder: Deutsch-asiatische Blogeinträge werden vorwiegend von anderen deutsch-asiatischen Bloggern kommentiert. Es bildet sich jeweils eine Art deutsch-chinesische und deutsch-japanische virtuelle Blogger-Community. In der Fremde rückt man näher zusammen, das ist ein natürlicher Prozeß und das Internet vereinfacht die Schaffung eines entsprechenden Netzwerks.

Das Trackback Elend

Heute habe ich zum ersten Mal versucht die Trackback-Funktion zu nutzen, die MSN Spaces hier bereit stellt. Ich habe versucht mittels Trackback-URL auf andere Einträge in anderen Blogs zu verweisen. In dem anderen Blog wird dann im entsprechenden Eintrag angezeigt, daß ich von meinem Blog aus auf ihn verweise. Ansonsten weiß der Besitzer des anderen Blogs ja gar nichts davon, daß ich einen seiner Einträge in einem meiner (themennahen) Einträge verlinkt habe.

Allerdings lief das nicht richtig, wenn die Trackback-Funktion korrekt freigeschaltet ist, erscheint unter jedem Eintrag eigentlich ein Verweis auf die jeweilige Trackback-URL ("Der Trackback-URL für diesen Eintrag ist"). Wenn ich also einen anderen Blogger trackbacke geht das nur unter der Voraussetzung, daß er bei sich in den Einstellungen die Trackback-Funktion aktiviert, was aber kaum jemand macht. Denn die Standardeinstellung legt fest, daß Trackback-Links nur auf andere MSN Blogs verweisen dürfen. Und das müßte eigentlich auch reichen, geht aber trotzdem nicht. Obwohl ich bei mir selbst Trackback aktiviert habe, steht unter keinem meiner Beiträge der Verweis auf die Trackback-URL (die mit "trak" endet). Somit kann niemand auf einen meiner Beiträge verweisen, weil es keine Trackback-URL gibt. Und ich kann umgekehrt auch auf keinen Blogeintrag eines anderen Bloggers verweisen, wenn es dort auch keine Trackback-URL gibt.

Optional könnte ich die Aktivierung noch weiter ausdehnen und auch Trackbacks aus anderen Blogs (außerhalb von MSN Spaces) zulassen. Wobei die eingeschränkte Aktivierung eigentlich ausreichen sollte.

Nachtrag: Okay, es scheint jetzt zu gehen, allerdings wird bei der Einstellung "Trackbacks von anderen MSN Spaces zulassen" weiterhin die Trackback-URL nicht angezeigt, sie existiert allerdings ("entry" in der Permalink-URL durch "trak" ersetzen). Bei der Einstellung "Trackbacks von öffentlichen Websites zulassen" wird die Trackback-URL dagegen korrekt am Ende eines Eintrages angegeben.

Suicide? Blame the web!

Am vergangenen Sonntag lief bei SPIEGEL TV (RTL) ein Beitrag über Suizid-Foren im Internet. Im Mittelpunkt des Beitrages standen zwei Mütter deren Kinder Selbstmord begangen haben. Die beiden Teenager hatten sich im Internet in einem Suizid-Forum kennengelernt und trafen sich zum ersten Mal an dem Tag, an dem sie gemeinsam ihren Suizid begingen. Im Anschluß an die Tat haben sich dann die beiden Mütter zusammengetan um seither Front gegen das böse Internet zu machen, das sie als Ursache für den Selbstmord sehen.

Es mag aus einer psychologischen Sicht verständlich sein, wenn Eltern ihre Wut und Verzweiflung auf das Internet projizieren, weil dies einfacher ist, als sich mit den tatsächlichen Ursachen für den Freitod ihrer Kinder auseinanderzusetzen, an dem sie unter Umständen Mitschuld tragen. Ärgerlich ist dagegen, daß diese Sicht unkritisch und reißerisch in besagten SPIEGEL TV Beitrag übernommen wurde.

Sicher, ohne das Internet und entsprechende Foren hätten sich die beiden Teenager nicht kennengelernt, um gemeinsam ihren Selbstmord zu planen. Aber vielleicht hätten sie auch ohne das Internet jemanden für ihren Selbstmordpakt gefunden oder es dann auch einfach allein durchgezogen. Wenn jemand wirklich so verzweifelt ist, daß er sich selbst umbringen möchte, braucht er dafür sicherlich nichts zwangsläufig das Internet um mit "Gleichgesinnten" Kontakt aufzunehmen. Inzwischen gibt es auch zahlreiche dieser Foren, die professionell von Pädagogen und Psychologen betreut werden und die dann positiv auf Suizidgefährdete einwirken können. Dennoch wird sich natürlich immer wieder ein Forum finden, wo dies nicht der Fall ist.

Statt mit dem Finger auf das Web zu zeigen könnte man alternativ ja auch mal die Frage aufwerfen, wieso sich überhaupt Tausende Teenager in diesen Foren tummeln. Symptome mit Ursachen zu verwechseln führt bekanntlich zu keiner Lösung. Laut diesem Fernsehbeitrag denkt in Deutschland jeder vierte Teenager mindestens einmal während seiner Pubertät an Selbstmord. Das hängt natürlich auch mit den Widrigkeiten dieser Lebensphase zusammen. Dennoch steigt die Zahl angeblich beständig an, was dann schon Grund zur Sorge gibt. Plakativ ein Medium wie das Internet ins Zentrum der Problemstellung zu zerren, bringt da wahrscheinlich wenig.

Zumindest bei Volljährigen könnte man darüber hinaus natürlich provokativ fragen, ob es nicht eine Frage des Selbstbestimmungsrechts ist, wenn jemand für sich die Entscheidung trifft, sein Leben zu beenden. Ansichten wie "Es gibt immer eine Alternative" sind vielleicht anmaßend, wenn derjenige sich in einer derart aussichtslosen Lage befindet, daß es aus seiner Sicht wirklich keine tragbare Alternative mehr gibt.

Bhutan verbietet Tabakverkauf

Lydia berichtet in einem Blogeintrag daß Bhutan als erstes Land der Welt den Verkauf von Tabak verboten hat. Stimmt, allerdings darf der Tabak weiterhin für den Eigenbedarf aus dem Ausland eingeführt werden (mit einer horrenden Einfuhrsteuer versteht sich). Es ist also wirklich nur der Verkauf verboten, nicht der Konsum.

Andere Nachrichten aus Bhutan finden dagegen weniger mediale Aufmerksamkeit. Zum Beispiel, daß die Anfang der 90er gestartete massive staatliche Repression gegen die nepalesischen Minderheit immer noch anhält und Hunderte zur Flucht nach Nepal treibt.

Der MSN Wortfilter ist endgültig im Delirium

Neuro dokumentiert in seinem Blog den vergeblichen Versuch, das Wort "wichtiges" im Titel eines Blogeintrages unterzubringen. Ich hatte bisher dahingehend noch keine Probleme, zumindest nicht im Blog.

Allerdings hat der Versuch die Wortfolge "Link unten" in meinem Profile unterzubringen dazu geführt, daß der Filter dann das "k" dem "unten" zugeschlagen hat und so auf "kunt" kam, was nicht geht. Mal abgesehen davon, daß das böse Wort was hier vermutet wird nicht mal mit einem "k" geschrieben wird und zudem der englischen Sprache entlehnt ist, ist auch einfach die Konstruktion völlig absurd. Aber der MSN Filter war schon immer nuts.

Nachtrag:

"... So werden zwar die offensichtlichsten verbalen Missgriffe erkannt und zurückgewiesen, Abwandlungen von legitimen Begriffen lässt das Tool jedoch unbeanstandet passieren. Während die gezielte Umschiffung der Filter für einige Usern eine unterhaltsame Beschäftigung zu sein scheint, wird von anderen der Sinn von Filtern im Allgemeinen in Frage gestellt. 'Wenn man sich in einem Blog nicht frei äußern kann, wieso sollte man dann überhaupt einen haben?', so die Nutzer des konkurrierenden Blogging-Dienstes Boingboing" (Quelle: ZDNet) *lol*

Nachtrag 2:

"... Laut Nathan Weinberg hat man verschiedene Blogs nach Kommentaren bezüglich MSN Spaces durchsucht, und hat beschlossen, die am meisten geforderten Verbesserungen, die auch ohne große Schwierigkeiten hinzuzufügen sind, einzuführen. Dazu gehören laut Inside Microsoft: No censorship, ..." (Quelle: winfuture.de)

Dienstag, Dezember 21, 2004

vroooooomm

Am 12.12.04 haben die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) die umfassendste Fahrplanänderung in ihrer Geschichte vorgenommen. Unter dem zunehmenden Druck von Spaßmaßnahmen wurde der gesamte Berliner Fahrplan nach Effizienzdefiziten durchforstet. Linien die zu wenig genutzt wurden, flogen raus, parallel laufende Linien wurden vereint, etc. Nun verkaufen sich Einsparungen bekanntlich schwer, deshalb hat die BVG eine Millionen teure Marketing- und Informationskampagne gestartet, um das refomierte System als Verbesserung anzupreisen.

Kernstück der Reform sind die sogenannten "Metrolinien". Das klingt erst mal ziemlich trendy und neu, bei genauerer Betrachtung geht es dabei jedoch lediglich um einige Bus- und Straßenbahnlinien (Tram, nicht S-Bahn), die größtenteils schon vorher existierten und denen man einfach kurzerhand den Buchstaben "M" zugewiesen hat. Diese Metrolinien sind besonders viel genutzte Strecken und sollen als eine Ergänzung zum U- und S-Bahn-Netz wahrgenommen werden. Anders als vorher ist dabei aber i.d.R. lediglich, daß die Busse und Trams in kürzeren Takten kommen, mindestens alle 10 Minuten. Das gilt jedoch nur für die Stoßzeiten, ansonsten sind es dann wieder 20 Minuten. Auch auf den einzelnen Linien selbst gibt es Unterschiede, bei Haltestellen die an den "Außenpunkten" der Linie stehen, ist der Takt länger als bei jenen Haltestellen die auf der Linie im "Zentrum" stehen. Mit anderen Worten: nicht jeder Bus/Tram fährt die komplette Linie ab.

Generell profitieren Anwohner die in der Innenstadt wohnen von der Reform eher als jene, die in den Außenbezirken leben. Doch selbst aus der Innenstadt häufen sich die Beschwerden über das neue Streckennetz, weil die Taktfrequenz nicht eingehalten wird, die Busse überfüllt sind und keiner adäquat Aukunft geben kann. Die Eigenwerbung -- "vrooooom" und Vergleiche mit der Formel1 -- klingen da wie Hohn und haben für viel Spott gesorgt.

Insgesamt ist das größte Manko sicherlich die schlechte Informationspolitik. Trotz der hohen Summe die für die Informationskampagne ausgegeben wurde, wußten viele Berliner nichts von dem Wechsel und wunderten sich dann, wo ihre alte Linie abgeblieben ist. Selbst jene, die von sich aus um Information baten, erhielten diese oft nicht, weil es nicht genügend der heißbegehrten Informationsbroschüren gab. Die ganze Reform entwickelt sich zum Marketing-GAU und die Berliner Tagespresse quillt über vor bitterbösen Leserbriefen zu den Fahrplanänderungen.

Kleine Sammlung von Tagesspiegel-Artikeln zum Thema:

12.12.04: Künftig heißt es Umsteigen
12.12.04: Kürzer fahren, länger warten
14.12.04: Fahrgäste zeigten Fahrern den Weg
15.12.04: Nur noch alle zwei Stunden ein Bus
15.12.04: Leserbriefe Vol. 1
17.12.04: Sonderurlaub für die ganze BVG gefordert
18.12.04: In fünf Tagen 10 000 Anrufe
18.12.04: Metronetz: BVG übt Selbstkritik
18.12.04: Leserbriefe Vol. 2
19.12.04: Leserbriefe Vol. 3
20.12.04: Leserbriefe Vol. 4
20.12.04: Politiker geben der BVG eine Schonfrist
21.12.04: Leserbriefe Vol. 5

MSN Spaces ist mit dem IE ein Krampf

Nachdem ich mir meinen Blog heute das erste Mal mit dem IE angesehen habe, ist mir ganz schlecht geworden. Ohne aktiviertes ActiveScripting läuft da wenig, da die meisten Funktionen JavaScript voraussetzen (z.B. der Permalink, auch das Bild aus dem Profile wird auf der Startseite nicht angezeigt), beim Mozilla lassen sich die Links auch so auswählen. Selbst mit ActiveScripting funktioniert allerdings der Link auf die Kommentare nicht, meine IE-Einstellungen sind offenbar zu defensiv für eine korrekte Darstellung des Blogs :p.

Die Südsee in der Niederlausitz

Tief in der bradenburgischen Pampa liegen versteckt im Spreewald die kleinen Orte Brand und Krausnick, die sich nicht mal den Luxus einer eigenen Website gönnen. Dort irgendwo im Nirgendwo befindet sich auch das neue "Tropical Islands Resort". Geschlagene 70 Millionen Euro hat der malaysische Investor Colin Au in das Projekt gepumpt, um die ursprünglich für den Bau von Zeppelinen errichtete CargoLifter-Halle in einen Freß-Bade-Freizeit-Erlebnis-Entertainment-Tempel umzubauen.

Wenn man sich die Fotos und Fernsehbeiträge von der Eröffnung ansieht, sich die Artikel in der Tagespresse durchliest, dann fragt man sich schnell, wo diese 70 Millionen dort eigentlich abgeblieben sind. Der Versuch einen Hauch von Südseeatmosphäre in die Niederlausitz zu bekommen, brachte am Ende dann doch nur wieder den Flair einer örtlichen Badeanstalt gepaart mit einer plastenden Currywurst-Buden-Aussstattung hervor. Die Gäste liefen im Pullover rum, weil die zugesagten 25 Grad Dauertemperatur nicht erreicht wurden; der südostasiatische Dschungel wirkt mehr wie eine Ansammlung einzeln stehender Wohnzimmerpalmen (auf deren Blättern noch der Baustaub klebt); in Schnellrestaurants bekommt man Minipizzen für ein paar Euros; das Personal sieht mehr nach einer Flughafen-Putzkolonne, denn nach tahitianischen Badenixen aus. Der ganze Laden wirkt künstlich, steril und ganz einfach billig (was im übrigen auch für die Website gilt).

Dagegen wäre ja nichts einzuwenden, wenn denn die Preisstruktur entsprechend wäre. Aber werktags 15 Euro pro Person für vier Stunden Aufenthaltszeit? Okay, damit stellen sie zumindest sicher, daß das "Resort" nicht zum "Paradies für Arbeitslose" wird, wie manch Beobachter schon hämisch argwöhnte. Dennoch stellt sich ja die Frage, wo sollen die anvisierten 7000 Gäste pro Tag herkommen (die gebraucht werden, damit es sich rechnet), die für vier Stunden 15 Euro Eintritt für dieses Pseudo-Disneyland ausgeben? In Berlin kostet eine 4-Stunden-Karte im Blub werktags z.B. nur 9,20 Euro. Das ist zwar immer noch ein stolzer Preis, aber man muß zumindest nicht erst 60 Kilometer in die Pampa rausfahren, um dort eine äußerst schwache Südsee-Illusion genießen zu können. Und wenn die eingeplanten 2,4 Millionen Besucher pro Jahr nicht hauptsächlich aus Berlin kommen, woher dann? Aus der brandenburgischen Einöde? Aus Dresden oder Leipzig, wo es vermutlich auch ähnliche Freizeitangebote günstiger gibt?

Dr. Dre formulierte einmal -- politisch sicherlich nicht ganz korrekt: You can't make a hoe a housewife. Und man kann eben auch nicht aus einer Lagerhalle in der tiefsten Provinz einen gehobenen Südsee-Freizeitpark aus dem Boden stampfen, der eine solche Preispolitik rechtfertigen würde und über einen entsprechenden Kundenstamm verfügt. Kurzfristig mögen hier sicherlich Arbeitsplätze entstehen, aber das hilft wenig, wenn der Laden in naher Zukunft Konkurs anmelden muß. Zudem fließen -- nach Angaben der brandenburgischen Landtagsabgeordneten Esther Schröder (SPD) -- inzwischen auch schon wieder Millionen öffentlicher Fördergelder in die Erschließung und Umfeldentwicklung des Resorts. Für das Projekt selbst haben die Investoren staatliche Fördergelder in Höhe von 13 Millionen Euro beantragt, diese allerdings noch nicht bewilligt bekommen.

Montag, Dezember 20, 2004

Buchempfehlungen für Weihnachten

Für alle die noch nicht alle Weihnachtsgeschenke zusammen haben (oder noch gar keine, ist ja noch Zeit ;), habe ich hier drei Listen mit Buchempfehlungen zusammengestellt:

  • Klassiker: Hier finden sich einige sozialwissenschaftliche und philosophische Standardwerke (und solche die auf gutem Weg dahin sind). Teilweise sicherlich nicht immer leicht verständlich, sofern man sich nicht vorher schon mal mit der jeweiligen Thematik auseinandergesetzt hat. Der zu Beschenkende sollte sicherlich einen Interessenschwerpunkt in dieser Richtung haben.

  • Romane und Lyrik: Hier geht es um literarische Klassiker, darunter auch einige Meilensteine in der Weltliteratur. Interessant für alle die sich nicht mit Lesetipps von Elke Heidenreich begnügen möchten und solche Schwarten wie "Der kleine Prinz" nicht für das Maß aller Dinge halten :p.

  • Cyberspace: Hier handelt es sich überwiegend um Fachbücher, die sich mit den sozialen Aspekten des Internets befassen. Es werden dabei Bereiche wie Soziologie, Psychologie, Kommunikations-, Medien- und Rechtswissenschaften gestreift. Die Werke sind jedoch auch für den Laien verständlich und interessant, sofern er sich für Kommunikationsstrukturen und Verhaltensmuster im Web interessiert.
Sofern das Urheberrecht auf das jeweilige Werk erloschen ist (was in Deutschland bei Werken die älter als 70 Jahre sind der Fall ist) oder nie existiert hat, stehen diese auf Websites wie dem Project Gutenberg oder der Freien Digitalen Bibliothek zum Download bereit. Ansonsten verweist der jeweilige Link auf eine Rezension des Buches, z.B. bei perlentaucher.de oder Wikipedia.

Natürlich sind diese Bücher auch noch über Weihnachten hinaus interessant ;-). GGf. werde ich die Listen auch noch weiter ausbauen. Der Blog wirkt zwar dadurch noch textlastiger (weil ich die Listen ja auf der Startseite links und rechts positioniert habe), bietet aber vielleicht gerade dadurch einen interessanten Gegenpol zu den Klickibunti-Blogs mit ihren Urlaubsfotos und Gif-Smiley-Orgien :D.

Ab 1. Januar 2005 gilt die TKÜV

In der Jungle World beschreibt Carsten Schnober die Konsequenzen der am 1. Januar 2005 in Kraft tretenden Telekommunikationsüberwachungsverordnung (TKÜV). Mit dieser Verordnung werden Internet Service Provider (ISP) dazu verpflichtet, aus eigener Tasche technisches Gerät zur lückenlosen Überwachung ihrer Kunden bereitzustellen. Die TKÜV legt dabei lediglich die praktische Umsetzung des bereits 1998 in Kraft getretenen Telekommunikationsgesetz (TKG) fest, welches den Anbietern die Finanzierung staatlicher Überwachungen vorschreibt.

Die Kosten die dabei für den jeweiligen Provider anfallen werden auf 10.000 bis 50.000 Euro geschätzt und werden früher oder später sicherlich über die Tarife an die Kunden "weitergereicht". Neben Kosten für Anschaffung und Installation fallen zusätzliche Kosten für Reparaturen und Wartung an. Ausgenommen von dieser Regel sind nur Provider mit weniger als 1.000 Kunden. In Kraft getreten ist die TKÜV allerdings schon Anfang 2002, die Provider hatten also fast drei Jahre Zeit sich auf diese Mehrkosten einzustellen.

Die an die Infrakstruktur des Providers angehängte Box loggt dann bei Bedarf alles mit, was der zu überwachende Internetbenutzer so treibt (gemeint sind hier wohl in erster Linie Emails, dazu unten mehr). Einer richterlichen Kontrolle unterliegen zumindest Verfassungsschutz, BND und MAD dabei nicht, ein "konkreter Anhaltspunkt" auf eine schwere Straftat reicht aus. Problematisch ist hier, daß immer die Tendenz besteht die Gruppe der Zuüberwachenden auszudehnen, weil schnell die Frage auftaucht, warum so etwas nur bei "schweren Straftaten" durchgeführt werden soll.

Neu ist dabei ab Januar lediglich, daß die Sicherheitsbehörden den Provider nicht mehr zur Mitarbeit anhalten müssen. Die Beamten bleiben in ihren Büros und klinken sich bei Bedarf einfach in die Kommunikation des Verdächtigen ein, ohne daß weder der Provider noch der Verdächtige davon etwas mitbekommen. Das potentielle Mißbrauchsrisiko steigt damit, weil der Provider als "Mitwisser" aussteigt und es somit keine "Zeugen" mehr gibt, falls die jeweilige Sicherheitsbehörde ihre Befugnisse überschreitet.

Das Hauptziel der in der TKÜV definierten Abhöraktionen sind nach Schnober allerdings Emails. Neben den oben bereits erwähnten Anbietern mit weniger als 1000 Kunden sind auch solche Provider ausgenommen, die reine Internet-Zugangdienste anbieten (also ohne Zusatzdienste wie Email). Begründung: Wer seine Kunden ausschließlich Zugang zum Internet gewährleistet, leitet Daten lediglich weiter, ohne sie zu speichern (wie es etwa bei Emails der Fall ist). Natürlich kann die entsprechende Behörde auch Surf-Sessions im Web mitprotokollieren, allerdings dienen dazu angeblich nicht besagte Boxen die Provider nun ab Januar bereitstellen müssen.

Für jene, die staatlichen Behörden skeptisch oder kritisch gegenüberstehen, bietet sich als "Gegenmaßnahme" z.B. die Verschlüsselung von Emails an.

Sonntag, Dezember 19, 2004

Wer kokst, lernt nichts mehr dazu *rofl*

Andrea Naica-Loebell berichtet in einem Telepolis-Artikel über einen in Science veröffentlichen Artikel über Kokain-Sucht von A. David Redish. Redish will herausgefunden haben, daß Koks die Abhängigen nicht nur irrational macht, sondern durch die verursachte Dauerausschüttung von Dopamin auch ihre Lernfähigkeit systematisch verhindert. Gleichzeitig führt das Koks dazu, daß sich die Konsumenten dieser Lernblockade nicht bewußt sind.

Kurzfristig muß Kokain aber scheinbar doch die Kreativität anheizen, so berichtet Naica-Loebell z.B. daß Robert Louis Stevenson seinen Roman "Dr. Jekyll and Mr. Hyde" vollgekokst in nur sechs Tagen geschrieben hat *rofl*.

Laurenz Meyer kassierte dreifach

Der Generalsekretär der CDU, Laurenz Meyer, steht wegen seiner Bezüge von RWE weiter unter Druck. Wie der SPIEGEL in seiner aktuellen Ausgabe berichtet hat Meyer zeitweise sogar dreifach kassiert: "Anders ausgedrückt: Für einige Monate bezog Meyer wohl drei Gehälter. Die CDU bezahlte ihn als Generalsekretär, RWE honorierte den Manager, und Nordrhein-Westfalen überwies dem Landtagsabgeordneten sein Geld."

Jaja, die Gier... :D

Samstag, Dezember 18, 2004

Traditionelles Weihnachtsintermezzo

Wie jedes Jahr nutze ich auch in diesem die Weihnachtsferien für ein kleines Intermezzo in den MSN Groups. Voll da bin ich dann allerdings erst wieder im Frühjahr, wenn die nächsten Semesterferien anstehen :D.

Residiert der Axel Springer Verlag bald in der Rudi-Dutschke-Straße?

Die taz hat eine Initiative gestartet, um die Kreuzberger Kochstraße in Berlin in Rudi-Dutschke-Straße umzubenennen. Ausgerechnet jene Straße, in der der Axel Springer Verlag residiert (wobei der Haupteingang inzwischen in der Axel-Springer-Straße liegt), der ja bekanntlich ein etwas angespanntes Verhältnis zur 68er Revolte hat. Ein Antrag zur Umbenennung wurde inzwischen bei der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) von Friedrichshain-Kreuzberg gestellt.

Wie nicht anders zu erwarten formieren sich auf beiden Seiten die "üblichen Verdächtigen". CDU und Springer sind dagegen, SPD und Grüne weitgehend dafür.

Plärrende Kinder im Restaurant

Neulich bin ich beim Zappen in die Talk-Sendung von Johannes B. Kerner geraten. Der Themenüberbau dieser Ausstrahlung ist mir unbekannt, aber zu diesem Zeitpunkt ging es gerade darum, ob es typisch Deutsch ist, wenn Gäste in einem Restaurant lärmende Kinder als Zumutung empfinden. Die Rede war von Italien, wo angeblich gerade deutsche Urlauber wert darauf legen, daß es in den Restaurants ruhig und gesittet zugeht, weil zu laute Kinder das mediterrane Ambiente stören würden (bzw. das, was sich die Touristen darunter vorstellen). Wenn die Italiener dagegen unter sich sind, ist es kein Thema, daß die Kinder immer mit dabei sind und es dann eben auch etwas wilder zugeht. Das wurde einem Deutschen anvertraut, der irrtümlich für einen Italiener gehalten wurde. Alle Anwesenden in der Talkrunde stützten dieses Bild des latent kinderfeindlichen Deutschen.

Ist wirklich ein Zeichen von mitteleuropäischer Spießbürgerlichkeit oder gar eine gewisse Form von Misanthropie, wenn man Abends bei Tisch gesittet eine Mahlzeit zu sich nehmen will? Es kommt sicherlich auch immer auf die Lokalität an. Natürlich gibt es typische "Familien-Restaurants", die Pizzeria nebenan oder ähnliches, wo man damit rechnen muß, daß toskanaverliebte Pädagogen-Clans und andere der Mittelschicht angehörige Kleinfamilien einfallen und dann eben eine entsprechende Geräuschkulisse entfalten. Aber es gibt auch andere Restaurants, mit vielleicht etwas gehobenem Preis- und Qualitätsniveau, wo solche Kleinfamilien dann schon negativ auffallen. Ich meine, ist man wirklich ein Unmensch, wenn man sein Carpaccio und einen guten Roten in einer Atmosphäre kredenzen will, die ohne einen überhöhten Lautstärkepegel und ohne Herumgetobe auskommt?