Montag, Oktober 27, 2008

Der 400. und letzte Eintrag

Dies ist der 400. und letzte Eintrag in diesem Blog. Ich finde leider nicht mehr die Zeit, hier weitere Posts zu produzieren. Aber nach nun mehr fast fünf Jahren isses auch genug :D.

Der Blog wird in einigen Tagen "eingefroren", danach wird es nicht mehr möglich sein neue Kommentare hinzuzufügen. Die bestehenden Einträge und Kommentare bleiben aber weiterhin im Netz und der Nachwelt erhalten ;-).

Ich danke allen, die hier halbwegs regelmässig raufgeschaut haben und hoffe dem ein oder anderen Google-Suchenden weitergeholfen zu haben.

Sonntag, Oktober 26, 2008

Dexter

In "Dexter" spielt Michael C. Hall -- bekannt als schwuler Bestattungsunternehmer aus der preisgekrönten Kultserie "Six Feet Under" -- einen Forensiker beim Miami Metro Police Department, der Nachts ein Doppelleben als Serienkiller führt.

Dexter wurde als Kleinkind adoptiert, an die Verhältnisse in denen er davor gelebt hat, kann er sich nicht erinnern -- sie müssen aber sehr schlimm gewesen sein. Denn sein Adoptivvater Harry Morgan (James Remar), ein erfahrener Polizist, bemerkt schnell, daß mit Dexter etwas nicht stimmt.

Dexter bringt reihenweise Haustiere um die Ecke und Harry befürchtet, daß es dabei nicht bleiben wird. Aus seiner Erfahrung als Polizist weiß Harry, daß er seinem Sohn den Tötungsdrang kaum abgewöhnen kann und entschließt sich daher zu einem unkoventionellen Schritt: Er entwirft das, was Dexter "Harrys Codex" nennt. Dieser besagt, daß Dexter nicht willkürlich töten darf, sondern nur Menschen, die den Tod durch ihre eigenen Vergehen auch verdient haben.

So kommt es, daß Dexter als Erwachsener tagsüber Spezialist für Blutspritzer bei der Polizei von Miami wird, während er nachts Mörder, Vergewaltiger und Kinderschänder zur Strecke bringt, die dem System entkommen konnten, obwohl sie eindeutig schuldig sind. Harry ist inzwischen verstorben, doch Dexter hält dessen "Erbe" hoch, indem er versucht sich strikt an den Codex zu halten.

Seine beiden "Professionen" -- das Morden und die Forensik -- führt Dexter mit einer unglaublichen Akribie und Professionalität aus. Allerdings kann er mit menschlichen Empfindungen nicht viel anfangen, weshalb er über die Jahre gelernt hat, sie vorzutäuschen. Fast alle seine Polizei-Kollegen -- viele kannten seinen Vater noch -- bemerken daher auch nichts Verdächtiges an Dexter. Für sie ist er einfach nur ein freundlicher, kommunikativer Partner, der auf seinem Fachgebiet hoch kompetent und damit eine echte Bereicherung ist.

Der einzige der Dexter nicht leiden kann und sein Auftreten komisch findet ist Sgt. James Doakes (Erik King). Doakes schätzt die Leistungen von forensischen Mitarbeitern in der Abteilung generell nicht besonders hoch ein, aber Dexters Faszination für alles was mit Blut zu tun hat findet er besonders gruselig und traut ihm nicht über den Weg. Aber erst in der zweiten Staffel wird Doakes Mißtrauen für Dexter zu einem echten Problem.

Wesentlich positiver wird Dexter durch seinen Partner im Morddezernat, Angelo Batista (David Zayas), wahrgenommen, dessen Markenzeichen sein Hut ist. Anders als Doakes ist Batista immer wieder angenehm von Dexters Sachkenntnis überrascht, hält große Stücke auf ihn und bleibt ihm gegenüber stets loyal.

Auch die Abteilungsleiterin Lt. Maria LaGuerta (Lauren Vélez) schätzt Dexters Arbeit sehr, findet ihn darüber hinaus aber auch sichtlich attraktiv. Dexter entgeht dieses "Balzverhalten" nicht, er weiß nur nicht recht wie er damit umgehen soll, da er zwischenmenschliche Beziehungen jenseits einer analytischen Ebene nicht versteht und an ihnen auch kein persönliches Interesse hat. LaGuerta hält ihr Gesicht oft und gerne in Kameras, urteilt bei ihrer polizeilichen Arbeit aber manchmal vorschnell und macht insgesamt nicht den kompetentesten Eindruck.

Dexter sagt von sich selbst, der einzige Mensch zu dem er wirklich ein Bindung hat, ist seine Stiefschwester Debra "Deb" Morgan (Jennifer Carpenter). Diese ist bei der Sitte, möchte aber unbedingt auch ins Morddezernat und holt sich dafür bei ihrem Bruder immer wieder Tipps. Dexter erkennt ihr Potential eine gute Ermittlerin zu werden und fördert sie, so daß ihr tatsächlich der Einstieg ins Morddezernat gelingt. Sehr zum Unwillen von Lt. LaGuerta, die von Deb nicht besonders viel hält und sie das auch immer wieder spüren läßt.

Für eine perfekte Tarnung als "Normalo" braucht Dexter aber natürlich auch noch so etwas wie eine Beziehung. Liebe vorzutäuschen ist für ihn besonders schwer, mit seiner neuen Freundin Rita Bennett (Julie Benz), die Dexter als ebenso emotional "geschädigt" einstuft wie sich selbst, wähnt er aber die Richtige gefunden zu haben. Die zweifache Mutter wurde von ihrem im Knast sitzenden Ehemann immer wieder verprügelt und vergewaltigt. Daher hat sie zur Zeit noch ein generelles Problem mit zu viel Nähe, was Dexter sehr entgegenkommt. Nach und nach muß Dexter sich dann aber eingestehen, daß er für Rita und ihre zwei Kinder genauso wie für seine Schwester sehr wohl etwas empfindet und sie daher bei Gefahr zu beschützen versucht. Durch dieses Zulassen von Gefühlen wird er allerdings auch angreifbar, wie dann die zweite Staffel deutlich macht.

Dexters Gegenspieler in der ersten Staffel ist der sogenannte "Kühllaster-Killer", ein Serienmörder der es in seiner Präzision mit Dexter aufnehmen kann und dessen Respekt gewinnt. Zwischen den beiden entwickelt sich ein "Spiel", bei dem Dexter erfahren muß, daß sein Widerpart ihn auffallend gut kennt, also auch um Dexters Doppelleben weiß.

Kannte man in Miami arbeitende Forensiker bisher meist nur aus dem CSI-Ableger "CSI Miami", bekommt man nun mit "Dexter" eine Serie geboten, die nicht mehr ganz so einfach nach gut und böse unterscheidet, sondern auch Zwischentöne erlaubt. Gerne würde man Horatio Caine aus Jerry Bruckheimers über-ästhetisierter Hochglanz-Serie einmal gegen den Serienkiller und Blutspritzerspezialisten Dexter in einer Crossover-Folge antreten sehen.

Der Gefahr in einen reaktionären Tonfall zu verfallen -- in Form einer im Kern positiven Darstellung von Selbstjustiz infolge von Systemversagen -- gehen die Autoren aus dem Weg, indem sie sehr ausdifferenzierte Charaktere und Handlungsmuster schaffen. Es geht in erster Linie um Dexter und seine Bemühungen in einer Welt in der er eindeutig "anders" als die Mehrheit ist zurecht zu kommen, darum wie er zu Mitmenschen Beziehungen aufbauen kann, selbst wenn dies auf den ersten Blick kaum möglich erscheint, darum wie er sein Doppelleben am besten tarnen kann und mit seinen Morden davon kommt. Auch, aber eben nicht im Zentrum der Betrachtung steht die vermeintliche oder tatsächliche Gerechtigkeit die Tätern und Opfern widerfährt, wenn Dexter des nächtens zum Skalpell greift.

Insgesamt ist die von James Manos, Jr. auf der Basis von Jeff Lindsays Dexter-Romanen ("Darkly Dreaming Dexter") entwickelte und von Clyde Phillips und Daniel Cerone maßgeblich vorangetriebene Serie zweifellos eine der wenigen aktuellen Perlen im sonst zunehmend tristen deutschen Serienalltag.

RTL2 zeigt Dexter zur Zeit jeden Montag um 22:55 Uhr. Auch wenn die Episoden aufeinander aufbauen, kommen neue Zuschauer relativ zügig in den Gesamtplot rein.

Samstag, Oktober 25, 2008

Alles Neu



Peter Fox alias Pierre Baigorry oder auch Enuff, war bisher in erster Linie bekannt als einer von drei Frontmänner der legendären Berliner Dancehall-Combo "Seeed", die mit Hits wie "Dickes B", "Aufstehn!" und "Ding" zur mit Abstand erfolgreichsten deutschen Dancehall-Formation wurde.

Nun hat Peter Fox mit "Stadtaffe" sein erstes Soloalbum rausgebracht und tatsächlich sieht man im Video zur ersten Single-Auskoppelung "Alles neu" auch zahlreiche Affenmasken tragende Musiker. Diese bilden eine Begleitband, auf die Fox als Solist genauso wenig verzichten möchte wie vorher bei Seeed.

Im ersten, schwarz-weiß gehaltenen Teil des Videos sieht man Peter Fox zunächst in einer tristen Wohnung. Er kocht und kündet wie der Titel des Tracks schon sagt von einem Neuanfang, den er vollziehen wird. Die Wände der "Wohnung" brechen auf, Fox befindet sich auf dem Dach zwischen zwei "Wäschefrauen". Es geht ein Treppenhaus hinab auf die Straßen Kreuzbergs, seine "Affen-Trommler" im Schlepptau. Er öffnet die Tür zu einem Konzertsaal der von innen deutlich schöner aussieht als von außen. An einem kleinen Piano sitzend gibt er wie Schroeder von den Peanuts alles, unterstützt von seinen "Affen", die nun Geige spielen. Im letzten Teil, der auf einer Art Parkplatz zu spielen scheint, drehen die Trommler dann noch einmal voll auf.

So kräftig und dynamisch wie der Sound und das Video sind auch die Lyrics: "Ich verbrenn mein Studio, schnupfe die Asche wie Koks. Ich erschlag meinen Goldfisch, vergrab ihn im Hof. Ich jag meine Bude hoch, alles was ich hab lass ich los. Mein altes Leben, schmeckt wien labriger Toast. [...] Nur noch konkret reden, gib mir ein Ja oder Nein. Schluß mit Larifari, ich laß all die alten Faxen sein. Sollt ich je wieder kiffen, hau ich mir 'ne Axt ins Bein. Ich will nie mehr lügen, ich will jeden Satz auch so meinen."

Diese Zeilen strotzen nur so vor Selbstbewußtsein, künden klar von dem Bedürfnis mit dem Alten zu brechen, um etwas Neues zu schaffen. Pierre Baigorry hat sich als Peter Fox neu geschaffen und unterstreicht diesen Schritt deutlich mit der ersten Single vom ersten Album.

Ein Song der lyrisch wie musikalisch unglaublich erfrischend ist, besonders auch vor dem Hintergrund des ewig nervig-prolligen Pseudo-Gangster-Raps der den Mainstream der deutschen HipHop-Szene momentan sonst so dominiert.

Freitag, Oktober 24, 2008

Californication

David Duchovny, am ehesten bekannt als Fox Mulder aus der legendären SciFi-Mystery-Serie "Akte X", machte zuletzt Schlagzeilen mit seiner sogenannten "Sexsucht" (siehe Hypersexualität), wegen der er sich in Therapie begab (SPON, 29.08.08). Seine Ehe konnte er aber offenbar trotzdem nicht mehr retten (SPON, 17.10.08).

So bedauerlich das für Duchovny persönlich sein mag, die Figur des Hank Moody die er in der seit kurzem auch auf RTL2 zu sehenden Serie "Californication" spielt, wirkt dadurch umso authentischer, da man zumindest zeitweise das Gefühl hat, Duchovny spielt sich hier einfach nur selbst.

Hank Moody ist ein Schriftsteller in einer klassischen Midlife-Crisis. Er hat eine Schreibblockade, trinkt zu viel und schläft nahezu jeden Tag mit einer anderen Frau. Zusammen mit seiner damaligen Lebensabschnittsgefährtin, Karen van der Beek (Natascha McElhone), und der gemeinsamen, 12jährigen Tochter Becca Moody (Madeleine Martin), war er ursprünglich von New York nach L.A. gezogen, um hier an seinem neuen Buch zu arbeiten.

Doch er kriegt nichts zu Papier und die Beziehung mit Karen zerbricht. Sie wirft ihm Bindungsängste vor (er hat sie z.B. nie gefragt, ob sie ihn heiraten möchte) und daß er insgesamt zu wenig für die Familie da ist. Karens neuer Freund heißt Bill Lewis (Damian Young), sie zieht bei ihm zusammen mit Becca ein und möchte ihn heiraten. Obwohl Karen fest davon überzeugt zu sein scheint Bill zu lieben und Hanks regelmässige (Wieder)-Annäherungsversuche abblockt, scheint in fast allen Episoden doch immer wieder durch, daß Hank eigentlich die Liebe ihres Lebens ist.

Bill ist ein reicher, verwitweter Verleger und nicht nur, daß er der Neue von Karen ist, nein, Hank muß auch noch herausfinden, daß er inzwischen für Bill arbeitet. Denn Hanks Agent, der glatzköpfige Charlie Runkle (Evan Handler), hat Hank dazu überredet einen Blog beim "Hell-A Magazine" zu führen -- ohne zu erwähnen, daß dieses von Bill herausgegeben wird.

Was Bill nicht weiß ist, daß Hank mit dessen Tochter Mia Lewis (Madeline Zima) geschlafen hat. Wobei Hank jedoch auch selbst erst im Nachhinein erfahren hat, daß Mia die Tochter von Bill ist und -- noch fataler -- daß sie erst 16 ist. Die Geschichte wird für Hank zum Problem, denn natürlich will er nicht, daß Bill, Karen oder sonst wer von diesem Fehltritt erfährt. Die Konsequenzen dieses One-Night-Stands werden Hank jedoch noch länger beschäftigen, denn Mia bedient sich später bei Hanks Entwürfen, ohne daß dieser dagegen etwas tun kann.

Doch das ist natürlich nicht Hanks einziges Problem. So ist er z.B. wiederholt in körperliche Auseinandersetzungen mit dem Regisseur Todd Carr (Chris Williams) verwickelt. Carr hat das letzte Buch von Hank sehr erfolgreich verfilmt. Hank sieht das etwas anders, er haßt den Film der seiner Meinung nach nicht mehr viel mit seinem Buch zu tun hat. Erschwerend kommt hinzu, daß Hank auch etwas mit Todds Frau, Sandy (Camille Langfield), hatte oder fast hatte.

Eine der wenigen Personen die wirklich bemüht sind Hank vor weiteren Abstürzen zu bewahren ist Charlie, der neben Hanks Agent auch dessen bester Freund ist. Charlie versucht nicht nur dem zur Zeit unproduktiven Hank immer wieder eine Einkommensquelle zu verschaffen (was diesen in der Regel annervt), sondern auch Hanks Lebenssituation insgesamt zu stabilisieren, indem er ihm z.B. Meredith (Amy Price-Francis) vorstellt, mit der Hank dann auch tatsächlich zumindest vorübergehend eine halbwegs feste Beziehung führt.

Doch auch Charlie ist natürlich nicht frei von Fehlern, obwohl er eigentlich eine glückliche Ehe mit seiner Frau Marcy (Pamela Adlon) führt, läßt er sich von seiner masochistisch-veranlagten Assistentin, dem "SuicideGirl" Dani (Rachel Miner) verführen. Hank überrascht die beiden jedoch und kann Charlie so vor einem schweren Fehler bewahren.

Insgesamt ist Hank Moodys Verhalten also sehr widersprüchlich. Einerseits versucht er in jeder Folge seine große Liebe Karen wieder zurückzugewinnen und nimmt seine Vaterpflichten gegenüber seiner Tochter Becca durchaus ernst (etwa wenn er sie von einer Drogen-Party fort schafft), andererseits führt er einen sehr unsteten, promisken Lebenswandel. Auf der einen Seite hilft er Freunden aus der Klemme und versucht sich verantwortungsvoll zu benehmen, auf der anderen Seite brüskiert er sie immer wieder durch ein unpassendes, aggressives Auftreten und schlägt bewußt Türen zu, die andere ihm helfend aufhalten wollen.

Hank Moody raucht, trinkt, vögelt und prügelt sich durch nahezu jede Episode der Serie. Er scheint ständig zwischen Haß und Selbsthaß hin und her zu pendeln, verletzt seine Mitmenschen schwer, auch wenn er dies oft gar nicht will. Trotzdem wird auch immer wieder deutlich, daß er im Kern ein guter Kerl ist, der klassische Antiheld eben, für den der Zuschauer trotz dessen Fehlern Sympathie entwickelt.

Californication -- ein Wortspiel aus "California" und "Fornication" -- ist eine Persiflage auf den Hollywood-Betrieb in Los Angeles. Zur Schau gestellt wird die Welt der Produzenten, Künstler und Autoren zwischen Schnellebigkeit, Drogenkonsum und menschlichen Abgründen. Statt ins Moralinsaure abzurutschen setzt Drehbuchautor und Produzent Tom Kapinos dabei konsequent auf einen satirisch-sarkastischen Erzählstil, ohne dabei jedoch völlig auf Ernsthaftigkeit zu verzichten. Wie nahezu alle modernen, etwas anspruchsvolleren US-Serien gehört Californication damit ins Genre der "Dramedy".

David Duchovny erhielt in diesem Jahr für seine Rolle als Hank Moody einen Golden Globe für "Best performance by an actor in a television series - musical or comedy". Es dürfte vermutlich nicht die letzte Auszeichnung für diese Serie und ihre Darsteller gewesen sein (es gab bereits zahlreiche weitere Nominierungen). Während in den USA gerade die zweite Staffel anläuft, zeigt RTL2 die Folgen der ersten zur Zeit jeden Montag um 22:15 Uhr.

Donnerstag, Oktober 23, 2008

Windows Live Groups kommen im November - MSN Groups werden abgeschoben

Die gute Nachricht zuerst: Am 17.11.08 soll es angeblich endlich soweit sein, Microsoft wird seine "Windows Live Groups" offiziell ins Leben rufen (LiveSide.net, 15.10.08). Damit wird die Windows Live Familie endlich um das bereits vor einem Jahr erwartete Groups-Angebot erweitert.

Die schlechte Nachricht: Am 21.02.09 sollen die "altehrwürdigen" MSN Groups endgültig abgeschafft werden. Und obwohl die neuen Live Groups als de facto Nachfolge-Angebot fungieren werden, können MSN Groups Betreiber ihre Gruppen nicht dorthin migrieren. Wer seine alte Gruppe über den 21. Februar hinaus behalten will, muß sie zu einem Drittanbieter namens Multiply transferieren, den Microsoft als neuen "Partner" anpreist (TechCrunch, 15.10.08).

Multiply gehört zu den Social Networks der ersten Stunde, es wurde bereits 2003 gegründet, ist aber bis heute kaum jemandem ein Begriff, da es sich anders als z.B. Facebook oder MySpace nie durchsetzen konnte. Dennoch nutzen laut Wikipedia immerhin 9 Millionen User den Service.

Gemessen am Erfolg anderer Social Networks spielt Multiply aber nur in der zweiten oder dritten Liga. Die Frage ist also, warum Microsoft sich dazu entschlossen hat, seine MSN Groups ausgerechnet dahin abzuschieben, anstatt seinen Nutzern die Möglichkeit einzuräumen, die jeweilige MSN Group in eine Windows Live Group zu migrieren:

"This just seems weird - why would Microsoft abandon a sizable (but dwindling) chunk of users to an entirely unrelated social network? It's nice that they aren't leaving their users out in the cold, but why not just cut off new signups to MSN Groups and allow the legacy users to continue on in peace? Microsoft may appear to have made the gesture in good faith, but it's likely that the company is hoping users will scoff at the idea of having to migrate, and just sign up on the new Live service when it launches." (TechCrunch, 15.10.08)

Demnach wäre die Kalkulation bei Microsoft also, daß die Nutzer mehrheitlich keine Lust haben sich mit der Migration oder anschließend mit dem eher drittklassigen Anbieter Multiply herumzuschlagen und dann lieber gleich eine neue Windows Live Group eröffnen (dazu später mehr). Ähnlich wie schon bei der Einstellung des MSN Chat Services (später MSN Group Chat), nimmt Microsoft dabei offenbar billigend in Kauf, daß einige Nutzer auch abwandern und sich die gewünschte Dienstleistung woanders suchen.

Microsoft begründet die Schließung von MSN Groups wie folgt:

"Da wir unseren Kunden die aktuellsten und benutzerfreundlichsten Technologien zur Verfügung stellen möchten, die derzeit verfügbar sind, haben wir die schwierige Entscheidung getroffen, den MSN Groups-Dienst zu schließen. Diese Entscheidung steht in direktem Zusammenhang mit weitergehenden Investitionen zur Aktualisierung und Neuausrichtung unserer Windows Live-Onlinedienste.

Wir sind der Überzeugung, dass die Schließung dieses Diensts langfristig die beste Lösung darstellt, um weiterhin innovative Dienste anbieten zu können, die zu den besten ihrer Art zählen und mit deren Hilfe Sie mit den Menschen in Kontakt bleiben können, die Ihnen wichtig sind. Im Herbst möchten wir einen neuen Groups-Dienst eröffnen.

Anders als MSN Groups wird Windows Live Groups jedoch hauptsächlich einen Ort darstellen, an dem kleinere Gruppen kommunizieren können. Ein Dienst für kleine, mittlere und große Gruppen steht nun über unseren Onlinepartner Multiply zur Verfügung." (MSN Groups Resource Center DE, 02.10.08)

Während also die neuen Windows Live Groups nur für "kleinere Gruppen" gedacht sind, ist Multiply als MSN Groups Aufnehmer darüber hinaus auch für "mittlere und große Gruppen" geeignet.

TechCrunch veröffentlichte auch eine statistische Kurve, die sehr schön den schleichenden Bedeutungsverlust der MSN Groups deutlich macht.

Einerseits lohnt sich die Aufrechterhaltung des alten Services für Microsoft also nicht mehr, andererseits würden die MSN Groups aber dennoch immer noch eine Grundkonkurrenz zum neuen Windows Live Groups Service bedeuten. Und die Live Groups sind vermutlich strukturell wie technisch soweit von den alten MSN Groups entfernt, daß Microsoft auch nicht den Aufwand betreiben möchte, die Möglichkeit eines "Upgrades" vom alten zum neuen Service anzubieten.

Eine ernsthafte Konkurrenz durch Multiply befürchtet Microsoft dagegen offenbar nicht. Zwar kann ein Gruppenbesitzer seine Gruppe migrieren, nicht aber die Benutzer. Die erhalten eine Einladung, müssen sich aber dennoch anschließend bei Multiply erst mal neu registrieren (MSN Groups Resource Center DE, 02.10.08). Selbst wenn die Migration erfolgreich war, haben die User auf Multiply noch einige andere Hürden zu nehmen (es gibt z.B. als einzige Sprache bei Multiply zur Zeit nur Englisch). Der Nutzer erhält also von Microsoft einen Wink mit dem Zaunpfahl, daß er aufs Abstellgleis geschoben wird und soll dann abspringen und sich bei den Windows Live Groups wiederfinden.

Selbst wenn man all diese Faktoren zugrunde legt, um Microsofts Vorgehen zu erklären, kündet der Schritt sicherlich von Arroganz. Die neue Zielgruppe der Windows Life Services ist wohl mehrheitlich deutlich jünger als die alte Garde der MSN Groups Nutzer (dies erkennt man z.B. mit einem einfachen Blick auf die mehrheitlichen Inhalte der von Nutzern betriebenen Windows Live Spaces). Und wer heute noch nicht im neuen Web 2.0 angekommen ist bzw. vielleicht nur ein einfaches Diskussionsforum (mit einem Chat) haben möchte, der ist als Zielgruppe für Microsoft offenbar einfach nicht mehr interessant genug.

Wer sich als Gruppen-Besitzer trotzdem nicht abschrecken lassen möchte, findet hier einen offiziellen "Step-by-Step Guide Migration Guide" in Deutsch, der erklärt, wie man seine Gruppe nach Multiply migriert. Die alte Gruppe bei MSN sollte man nach erfolgreicher Migration dann aber löschen, da diese ansonsten bis Februar noch weiter existiert und man als Group-Betreiber dann vor einem Redundanz-Problem steht, da neue und alte Gruppe von den Nutzern parallel (aber unter Umständen unterschiedlich) vorangetrieben werden.