Samstag, Juni 07, 2008

Pork and Beans



Die us-amerikanische Alternative-Rockband "Weezer" hat vor ein paar Tagen ihr neustes Studioalbum veröffentlicht (Weezer -- The Red Album). Die erste Singleauskopplung aus diesem Album ist "Pork and Beans".

Typisch für Weezers Stil sich selbst nicht übermäßig ernst zu nehmen, ist auch das neue Video zu "Pork and Beans" eher auf witzig gemacht. Es werden diverse YouTube-Berühmtheiten in das Video eingebunden, die dafür aber nicht etwa reingeschnitten oder nachgemacht, sondern tatsächlich zum Dreh von "Pork and Beans" eingeflogen wurden. Um die zahlreichen Anspielungen verstehen zu können, muß man freilich die besagten YouTube-Berühmtheiten und ihre Videos kennen. Eine komplete Liste aller beteiligten Akteure findet sich in der englischen Wikipedia.

Mathew Cullen, der Regisseur des Videos, hat betont, es sei gerade nicht darum gegangen, sich abwertend lustig über die "YouTube-Stars" zu machen, sondern im Gegenteil die Kreativität zu zelebrieren, die das Werk dieser YouTube-Promis auszeichnet. Kaum überraschend kann es da sein, daß der Clip zu "Pork and Beans" selbst inzwischen knapp 6 Millionen Views auf YouTube zu verzeichnen hat. Auch jenseits des Internets stieg der Song rasant in den Charts auf und gilt heute als größter Hit der Band.

Im Song selbst geht es darum man selbst zu sein und sich nicht irgendwelchen Trends anzubiedern ("I'mma do the things that I wanna do / I ain't got a thing to prove to you / I'll eat my candy with the pork and beans"). Sänger und Leadguitarist Rivers Cuomo hat "Pork and Beans" angeblich als verärgerte Reaktion auf ein Treffen mit dem Label der Band geschrieben, auf dem die Band gesagt bekam, ihr Sound müsse kommerzieller werden. Der Aufforderung ist die Band -- wie die Lyrics schließen lassen -- offensichtlich nicht nachgekommen und ihr Sound ist tatsächlich immer noch der alte.

Freitag, Juni 06, 2008

Spiel, Satz und Sieg



Alexander Marcus sieht aus wie der perfekte Schwiegersohn, einer der aus gutbürgerlichem Haus kommt, die Haare nach hinten gegelt hat, seinen Pullover verknotet über den Schultern trägt und den man sich am ehesten auf einem Golfplatz oder im BMW-Cabrio auf Sylt vorstellen kann. Eine Art zweiter Florian Silbereisen, der in Volksmusik macht und Zuhörer jenseits der 60 in Verzückung versetzt.

Doch im Gegensatz zu Silbereisen wirkt er nicht unfreiwillig komisch, er überzeichnet sein Schmalztollen-Image absichtlich und inszeniert sich offensichtlich ganz bewußt selbstironisch.

Wie das konkret aussieht kann man im Video zu "Spiel, Satz und Sieg" wunderschön sehen. In einem Café macht Alexander sich schmierig an eine blonde Kellnerin ran, die daraufhin kotzen muß. Wobei nicht ganz klar ist, ob er, sein Tanzstil oder seine Musik ihren Brechreiz auslöst.

Die Musik wurde zuvor angestellt vom Café-Besitzer (oder -Manager), der tätowiert ist und ein Bad Religion Muscleshirt trägt -- aber dennoch behauptet, der Song wäre seiner. Er bringt Alexander eine Suppe, weist diesen noch extra daraufhin, daß diese noch ganz heiß sei. Doch Alexander verbrennt sich trotzdem die Finger.

Er springt und windet sich vor Schmerzen, die er sich durch das Anfassen der Suppenschale zugefügt hat (hält dabei aber immer mal wieder kurz inne, was die Szene noch gotesker macht). Währenddessen läuft draußen ein Touristen-Rentner-Ehepaar vorbei, das wie sich aus dem Dialog erschließt gerade zu Besuch in Berlin ist. Sie sehen Alexander durch das Fenster des Cafés und der Mann ruft aus "Wir müssen Zivilcourage zeigen" woraufhin sie ins Café kommen, um Alexander zu helfen.

Das bringt nicht viel und dem Café-Besitzer platzt der Kragen, er schmeißt alle raus. Jetzt will er sich selbst an die Kellnerin ranmachen, kassiert aber nur eine Ohrfeige, während sie auf einmal entzückt über Alexander ist, der inzwischen in mehrfacher Ausgabe vor dem Café tanzt. Die Kellnerin rennt raus, fällt Alexander in die Arme und beide stürmen davon.

Ein völlig durchgeknalltes, absurdkomisches Video von Andreas Coupon, das man einfach lieben muß, egal ob einem nun die Musik zusagt oder nicht.

Alexander Marcus bezeichnet seinen Stil selbst als "Electrolore", angeblich eine Mischung aus Electro und Folklore. Akustisch läuft dies dann auf eine Mischung von Schlager und House-Beats hinaus.

Christian Möller beschreibt in einem Artikel bei 1Live wie die Fans beim Hören von Alexander Marcus fast irre werden, weil sie nicht ergründen können, was sie an der Musik so fasziniert, die sie normalerweise eigentlich als Schrott ablehnen würden.

Die Figur, das Image des Alexander Marcus wirkt so konstruiert und überzeichnet, daß man leicht vermuten könnte, die Figur als solche ist ein einziges Kunstprodukt. Auf spex.de heißt es, "Alexander Marcus" sei das Pseudonym von Felix Rennefeld, einem House-Produzenten.

Wenngleich Alexander Marcus also nur eine Kunstfigur ist, geht die Marketingstrategie eine groteske Mixtur aus Schlager und House mit passend trashigen Videoclips zu kombinieren ganz offensichtlich auf, denn Marcus' Fangemeinde wächst beständig.

Donnerstag, Juni 05, 2008

Stress



Die französische French House Band "Justice" hatte im letzten Jahr ihren Durchbruch und gewann mit dem Video zu "D.A.N.C.E." den Video Star Award bei den MTV European Music Awards. Auch bei den MTV Video Music Awards waren sie mit "D.A.N.C.E." nominiert.

Ihre Musik galt als leicht und unverfänglich, ein Image mit dem die Band nun offenbar radikal brechen wollte. Der Clip zum neuen Stück "Stress" stammt von Romain Gavras (Sohn des berühmten Regisseurs Constantin Costa-Gavras) und gilt als absolutes Skandalvideo, das inzwischen von Musikkanälen verbannt wurde und auch bei YouTube nicht mehr zu finden ist.

Im Stil von Clockwork Orange zeigt der Clip ein paar Jugendliche die vandalierend, prügelnd und raubend durch die Stadt ziehen. Obwohl es sich um eine Inszenierung handelt, wirkt das Video stellenweise so realistisch, daß man es für eine Dokumentation halten könnte.

Auch gibt der Clip keinen dezidierten Hinweis, was seine Intention ist. D.h., ob die Gewaltexzesse nun aufrütteln, auf gesellschaftliche Mißstände aufmerksam machen sollen, oder aber, ob sie einfach nur gefeiert und verherrlicht werden, hängt von der Intepretation des Betrachters ab.

Kritisch wird auch gesehen, daß die Jugendlichen offenbar alle maghreb- bzw. subsahara-stämmig sind, also alle einen Migrationshintergrund haben. Das hat der Band den Vorwurf eingebracht, daß der Clip rassistisch sei, da er die Angst vor Schwarzen und Arabern verstärken und Gewalt pauschalisierend als etwas das von Migranten ausgeht inszeniert.

Wählt man die Kontakt-Telefonnummer der Künstlergruppe "Kourtrajme", der der Regisseur Romain Gavras angehört, landet man in der Parteizentrale des rechtsextremen Front National, wie es in einem Kulturzeit-Beitrag heißt.

Das Ganze ist natürlich als Provokation gemeint, "Justice" und Romain Gravas spielen mit der Angst der Franzosen. Der Clip weckt einerseits natürlich Assoziationen mit den Aufständen in den Pariser Banlieues im November letzten Jahres (auch weil in der letzten Szene ein Auto in Flammen aufgeht), andererseits geht er darüber aber auch hinaus, weil die Jugendlichen im Video nicht in den Banlieues bleiben, sondern nach Paris reinfahren. Sie stürmen in der Innenstadt ein Bistro und berauben im bekannten Montmartre-Viertel Touristen. Die Gewalt wird also aus den Banlieus in das Herz Frankreichs getragen und gerade das, so meinen einige Beobachter, führt bei vielen Franzosen zu Angst und Wut beim Anblick des Videos.

Geht es in dem Video also doch um Gesellschaftskritik, um das Vorführen der Reflexe des gutbürgerlichen Anteils der französischen Bevölkerung, der mit der Gewalt leben kann, solange sie nur in den sozial vernachlässigten Vorstädten bleibt? "Justice" selbst schweigen sich zum Thema aus, erklären nur lapidar, man wolle nicht zu Gewalt anstiften.

Auf der Website der Band soll es demnächst allerdings eben jene düsteren Lederjacken mit dem Bandsymbol drauf geben, die die Schläger auch im Video tragen -- zum Stückpreis von rund 600 Euro. Dies ist natürlich ein klares Indiz dafür, daß es hier mehr um eine skandalorientierte Marketingstrategie geht, denn um versteckte Gesellschaftskritik.

Auch wenn die musikalische Komponente in der Debatte keine Rolle spielt (es nur um die visuelle Umsetzung geht), bleibt festzuhalten, daß der unruhige, leicht panikerzeugende Track perfekt zum Video paßt.

Mittwoch, Juni 04, 2008

All Summer Long



Kid Rock hat seinem Ruf als "Landpomeranze" der us-amerikanischen Rockszene mal wieder alle Ehre gemacht. Seine Lyrics und Videos zelebrieren seit jeher den Redneck-Lifestyle des Bible Belts und des Mittleren Westens. Auch der neue Song "All Summer Long" spielt inhaltlich in "Nothern Michigan", passend dazu jagt Kid im Video mit einem Motorboot über einen See.

Der Song ist ein durchaus gelungenes Mashup aus Warren Zevons "Werewolves of London" and Lynyrd Skynyrds "Sweet Home Alabama". Inhaltlich geht es um einen nostalgischen Rückblick auf eine Jugendliebe aus dem Jahr 1989: "Splashing through the sand bar / Talking by the campfire / It's the simple things in life, like when and where / We didn't have no internet / But man I never will forget / The way the moonlight shined upon her hair".

Diese kitschig-romantische Lagerfeuer-Lyrik mag sicherlich nicht jedem gefallen, zudem wie bei Kid Rock typisch stark prollig-sexistisch wirkende Symbolik dazukommt. Der Song ist jedoch insich durchaus stimmig und die Kulisse des Videos ziemlich gut auf den Inhalt des Songs abgepaßt. Da Kid Rock aus Michigan stammt, wirkt der Track zudem authentisch.

Und ein verklärender Rückblick auf die eigene Jugend (selbst wenn der Song nicht autobiographisch ist, war Kid Rock 1989 achtzehn Jahre alt, er bezieht sich also auf eine Epoche in der er auch selbst Heranwachsender war), auf eine Zeit in der alles vermeintlich einfacher und ein stückweit sorgenloser war, ist nun mal immer noch ein praktikables Rezept für einen funktionierenden Song. Dennoch sollte nicht übersehen werden, daß das Stück natürlich stark vom Klassiker "Home Sweet Alamaba" getragen wird.

Dienstag, Juni 03, 2008

3 Tage wach



"3 Tage wach" ist ein Clubtrack von Tobias Lützenkirchen, kurz "Lützenkirchen" genannt. Im inzwischen zum Kultvideo anvancierten Videoclip sieht man zwei Personen in Hasenkostümen die durch das Berliner Nachtleben tingeln.

Passend zum Video erzählen die Lyrics davon was es heißt, drei Tage Non-stop Party zu machen. Lützenkirchen wurde dafür kritisiert, der Song und das Video würden zum Drogenkonsum animieren bzw. unbedarfte Zuhörer dazu verleiten, wirklich drei Tage Party ohne Schlaf machen zu wollen und dafür entsprechende Pillen einzuwerfen. In der Wikipedia kann man nachlesen, daß Lützenkirchen das zurückweist und empfiehlt, man solle den Track nicht allzu ernst nehmen.

Tatsächlich sollte man in Lyrics wie "Bunte Pillen Fete, 3 Tage wach / Puls wie ne Rakete, 3 Tage wach" wohl lieber nicht zu viel hinein interpretieren. Klar ist der Track offensichtlich auch eine Anspielung auf den Drogenkonsum in der elektronischen Musikszene, allerdings eher auf ironische Art.

Von den Lyrics her ist "3 Tage wach" wirklich absolut grottig ("Pille, Palle, Alle Pralle / Druff, Druff, Druff, Druff, Druff"), was jedoch für Clubmusic kein Kriterium ist. Und als Clubhit überzeugt der Track durchaus; das Video zum Song von Oliver Koletzki und Andrej Dallmann ist ebenso passend.

Montag, Juni 02, 2008

Mercy



Aimee Anne Duffy, kurz "Duffy" genannt, ist eine aus Wales stammende Soul- und Pop-Sängerin. Genau wie "Adele" und "Gabriella Cilmi" wird auch Duffy häufig mit Amy Winehouse verglichen ("The New Amys"), da alle dieselbe Form von "Soul-Pop" machen (der zur Zeit sehr im Trend liegt). Tatsächlich scheint zumindest Duffy eine ähnlich elektrisierende Stimme wie Winehouse zu haben und ähnlich populär zu werden.

Mit "Mercy" gelang Duffy ihr Durchbruch, der Song schlug in Europa wie eine Bombe ein und stieg hier fast überall auf Platz Eins der Charts, bei YouTube durchbrach der dazugehörige Videoclip die 12 Millionen Views Marke. In der englischen Wikipediea wird Duffy mit den Worten "the song is autobiographical and is about 'sexual liberty' and 'not doing something somebody else wants you to do'" zitiert.

Das Video ist nicht übermäßig spektakulär, aber dennoch sehenswert. Man sieht Duffy wie sie auf einem Podium (das wohl einen Eisblock darstellen soll) unter Scheinwerferlicht steht und singt, während um sie herum schwarz gekleidete Männer tanzen, von denen man meistens nur die Füße sieht. Am Ende des Videos fangen die Füße dann auf einmal Feuer, das sich langsam nach oben frißt, bis die Tänzer in Flammen stehen. Allerdings "fackeln" sie nicht wirklich ab, die Szene suggeriert keine Gewalt.

Sonntag, Juni 01, 2008

3's & 7's



"3's & 7's" ist eine Ode der "Queens Of The Stone Age" an den Exploitationfilm der 60er und 70er Jahre, der im letzten Jahr durch "Grindhouse" (= "Planet Terror" + "Death Proof") von Robert Rodriguez und Quentin Tarantino neu zelebriert wurde.

Klassisch für das Exploitationkino geht es auch in "3's & 7's" um Muscle Cars, Gewalt und Sex irgendwo im us-amerikanischen Hinterland. Neben Tarantino erinnert das Konzept von männerverprügelnden Frauen natürlich auch an Sexploitation-Klassiker wie Russ Myers "Faster, Pussycat! Kill! Kill!".

Aufgebaut ist der Clip dabei wie ein Trailer, durch schnell geschnittene Szenen und entsprechende textliche Einblendungen soll beim Zuschauer Interesse für den eigentlichen Film geweckt werden. Trailer spielten beim Exploitationfilm eine zentrale Rolle, nicht umsonst haben auch Rodriguez und Tarantino das für ihren Grindhouse Doppelpack wieder aufgegriffen.

Der Song als solcher ist typischer Stoner Rock, wie man ihn von den "Queens Of The Stone Age" gewohnt ist. Stoner Rock und Exploitationkino zu kreuzen erscheint naheliegend, beide Richtungen passen zueinander (rau, archaisch, Wüsten-Ambiente, etc.), entsprechend stimmig wirkt das Video von Paul Minor.