Dienstag, Oktober 31, 2006

Martinstag vs. Halloween

Als ich noch klein war, bastelten wir in der Grundschule zum Martinstag Laternen und zogen dann als Schulklasse am 11. November in einem St.-Martins-Zug durch die Straßen und haben Martinslieder gesungen (sowas wie einen römischen Reiter hatten wir allerdings nicht und vermutlich gibt es nicht mal im Rheinland -- wo diese Tradition wurzelt -- so viele Gäule wie Grundschulen). Wir sangen so sinnreiche Hymnen wie "Ich gehe mit meiner Laterne und meine Laterne mit mir" und achteten penibel darauf, daß die Teelichter in unseren Laternen nicht erloschen. Ob es solche Laternenumzüge heute in Berlin noch gibt, weiß ich gar nicht.

Nicht zu übersehen überhören ist dagegen eine aus den USA übernommene, hierzulande noch relativ "neue" Tradition: Halloween. Zwar gibt es schon lange entsprechende Specials am 31.10. im Fernsehen und wohl auch die ein oder andere Halloween-Party wurde veranstaltet. Daß aber die Kinder wie in den USA durch die Straßen ziehen, an den Häusern klingeln und "Süßes oder Saures!" (Trick or Treat) brüllen, ist eine relativ neue Entwicklung, die es in Berlin erst seit ein paar Jahren gibt.

Wobei eine Großstadt hier vielleicht nicht das richtige Terrain ist, da es zumindest in der Innenstadt nur Wohnhäusern mit mehreren Mietparteien gibt und kaum Einfamilienhäuser, die sich für "Süßes oder Saures" besser eignen. Denn mal ehrlich, welches Kind hat schon Lust etwa in Marzahn einen Plattenbau nach dem anderen zu durchlaufen und dort Wohnung für Wohnung abzuklappern? Da wäre man ja mehr auf Korridoren unterwegs, als an der frischen Luft. Und wen wollte man da zwischen den Wohnungen mit seinem Kostüm auch erschrecken, den Hausmeister vielleicht?

Jedenfalls ist die Halloween-Tradition hierzulande noch noch nicht so tief verankert, daß auch jeder Deutsche Süßigkeiten parat hat, wenn ein paar Bälger am 31.10. bei ihm klingen. Und die Bereitschaft der Kinder ihre Drohung wahr zu machen und "Saures" auszuteilen, wenn man kein "Süßes" erhält, ist meiner Einschätzung nach äußerst gering. Einen Streich jenseits vom Klingelstreich zu spielen und z.B. ein Haus zu klopappen ("You TP'ed a house last week, Cartman?" "No. Last Thursday night was fajitas night.") wäre einfach zu subversiv im deutschen Autoritätsstaat. Zumindest in den gutbürgerlichen Wohngegenden in denen sich "Süßes oder Saures" hierzulande primär durchzusetzen beginnt, läßt man es nicht drauf ankommen und verzichtet dann im Falle eines Falles lieber auf die Durchführung eines Streichs.

In den USA wird Halloween seit jeher von fundamentalistischen Christen bekämpft, die diesen Brauch als heidnisch betrachten. Doch natürlich sind sie zumindest an dieser Front mit ihren Forderungen chancenlos, Halloween in den USA abschaffen zu wollen wäre so als wolle man Weihnachten abschaffen. Zumindest solche Bestrebungen gibt es in Deutschland nicht, hier betrachten die "Alteingessenen" Halloween als Mode, die man eben mitmacht oder auch nicht.

Gerade in finanziell etwas besser gestellten Familien ist die Bereitschaft solchen Mode-Wünschen der Kids nachzukommen vermutlich relativ hoch. Genauso wie das Kind sein neues Pokémon bekommt, wenn es sich das wünscht, veranstaltet man eben auch eine Halloween-Party mit dem entsprechenden finanziellen Aufwand (schmücken des Hauses, Kostüm und Plastik-Kürbisse bei Karstadt kaufen, etc.).

Die Frage ist, ob es wirklich nur eine Mode-Erscheinung ist, die irgendwann wieder vorbei geht, oder ob Halloween wie in den USA zu einer echten Tradition wird, die sich fest etabliert. Schade wäre es ja irgendwo schon, wenn alte Traditonen wie der Martinstag dann hinter adaptierten Traditionen wie Halloween zurückstehen müssen. Halloween ist wie Weihnachten inzwischen hauptsächlich eine kapitalistisch-konsumistische Veranstaltung: es geht de facto darum möglichst viele Süßigkeiten einzufahren, während es an Weihnachten um Geschenke geht. Sowohl Weihnachten als auch Halloween haben historisch natürlich noch andere Bezüge, die aber zunehmend in den Hintegrund treten.

Beim Martinstag geht es hingegen vorwiegend darum, daß die Kinder mit einer selbstgebastelten Laterne in der Dunkelheit umher ziehen, Lieder singen und ihren Spaß haben. Anders als bei Halloween ist aber das "Spaß haben" nicht so durchkommerzialisiert.

Sonntag, Oktober 29, 2006

Hörenswert (5)

"Danja Atari" ist ein Projekt des im Ruhrpott ansässigen "Tengu Basements", die Künstler im Bereich HipHop und Electro hervorbringen. "Danja Atari" ist hierbei der Künstlername einer jungen Dame als auch der ihrer Band.

Wie die bildhübsche Danja mit bürgerlichem Namen heißt und wie alt sie ist, war leider nicht zu ergoogeln. Bekannt ist aber, daß sie gebürtige Berlinerin ist, früh in den Pott zog und sich zwischendurch länger in den USA und Frankreich aufhielt. Ihr Vater ist Tunesier, was sich neben ihren Erfahrungen in den Staaten auf dem jüngst erschienenden Debut-Album "Shades of July" auch widerspiegelt, wie Danja selbst in einem Interview berichtet.

Neben ihr besteht die Band noch aus Kay Schilling (bass), Jens Schilling (guitar) und Sebastian "Zap" Maier (drums), wobei letzterer der "Mastermind" und Producer ist. Auf der offiziellen Website wird der Sound wie folgt beschrieben:

"Drum ’n’ Bass- Elemente gepaart mit elektronischen Finessen a la Massive Attack oder Portishead (...) Ein wenig Chanson, ein wenig Rap und jede Menge gehauchte Refrains, die zur Stille geleiten aber auch auffordern durchzudrehen."

Obgleich ich gerade den letzten Teil mit der "Aufforderung durchzudrehen" etwas vermisse. Aber das muß ja auch nicht sein. Und ansonsten kann sich das Album durchaus sehen lassen (es läßt sich auf der offiziellen Website vollständig anhören). Das Tunesia-Intro kommt gut, obwohl man sich wünscht, es wäre noch weiter ausgebaut worden. "Shades of July" klingt zu Beginn nach Yoko Kanno, was ein Kompliment ist. Die Rap-Einlagen von Sulal Kool sind sicherlich nicht nach dem Geschmack jedes Electro-Fans, passen aber in den Track (ebenso bei "Unfortunate"). Meine persönlichen Lieblingsstücke sind "Tragic Perceptions" und der "Electric-City Remix" von Milan East. Insgesamt ein Album das sich angenehm von vorne bis hinten durchhören läßt, die Anschaffung sei empfohlen.

Auf der MySpace-Seite von Danja Atari kann man sich auch noch ein "hausgemachtes" Promo-Video mit einem Live-Mitschnitt von "Shades of July" und einem anschließenden Interview mit Danja ansehen.

Samstag, Oktober 28, 2006

Denny Crane!

Zu den besten Serien die man zur Zeit im deutschen Fernsehen konsumieren kann, gehört zweifellos "Boston Legal". VOX strahlt die Folgen der ersten Staffel zur Zeit jeden Mittwoch um 22:05 Uhr aus.

Boston Legal wurde von David E. Kelley ins Leben gerufen, der schon diverse preisgekrönte Anwaltsserien produziert hat. Am bekanntesten ist darunter vermutlich "Ally McBeal", die hierzulande als die "Frauen-Serie" schlechthin galt, bis sie in dieser Funktion von "Sex and the City" abgelöst wurde.

Bei Boston Legal handelt es sich jedoch um einen Spin-off der ebenfalls von Kelley kreierten Serie "The Practice", die deutlich düsterer und ernster ist und daher in Deutschland wenig Anklang fand (gleichwohl hat Kabel1 laut Wikipedia die ersten drei Staffeln in den Jahren 2001 und 2002 ausgestrahlt).

Um den fließenden Übergang von The Practice zu Boston Legal verstehen zu können, sollte man sich bei Kennern der Materie belesen. Sehr zu empfehlen ist hier ein Review zu Boston Legal des serienjunkies.de-Redakteurs Christian Junklewitz.

Einer der beiden Hauptprotagonisten in Boston Legal ist der junge Anwalt Alan Shore (James Spader). Arrogant, eloquent, selbstgefällig und skrupellos entspricht er perfekt dem negativen Stereotyp des gewissenlosen Anwalts. Alan biegt und bricht das Gesetz wo er nur kann, er lügt, besticht, schüchtert ein. Frauen sind für ihn Objekte, zu denen er keine feste Bindungen einzugehen in der Lage ist, die aber immer wieder auf seinen Charme und seine verbale Schlagfertigkeit hereinfallen.

Eigentlich also eine durch und durch unsympathische Figur. Doch Alan hat auch noch eine andere Seite, wenn er sich z.B. für die Schwachen einsetzt. Sich selbst als Underdog wahrnehmend zeigt er sich solidarisch mit Mitmenschen die ebenfalls ein Leben als Underdog in der Gesellschaft fristen. Ob er seine Ex-Freundin aus der Psychiatrie boxt (obwohl diese dort ist, weil sie ihn mit dem Auto überfahren wollte), einem Hypochonder zum Sieg über seinen Arzt der ihn ausgenommen hat verhilft oder einem schwarzen Mädchen die Rolle eines weißen Mädchens in einem Musical verschafft (obwohl das schwarze Mädchen nicht wegen seiner Hautfarbe sondern wegen seiner Körperfülle abgelehnt wurde), Alan hat ein Faible für Ausgegrenzte und Unterdrückte. Dennoch ist er natürlich kein Robin Hood, kein Gutmensch, auch das wird immer wieder mehr als deutlich.

Alans in der Regel hoffnungslos unterlegener Gegenspieler innerhalb der Kanzlei ist Brad Chase (Mark Valley). Während Alan den Rebell und Underdog mimt, ist Brad der Saubermann, der die Linie der Kanzleiführung klar befolgt und aufpassen soll, daß das der Rest auch so macht. Obwohl Brad rein optisch maskuliner wirkt -- er hat ein markantes Gesicht, breite Schultern, etc. -- ist er bei weitem nicht so ein Womanizer wie der schmalbrüstige Alan. Auch in Sachen verbaler Schlagfertigkeit reicht er an Allan nicht heran, der immer einen entwaffnenden Spruch auf den Lippen hat. Viel mehr zieht Alan ihn als "Ken" (in Anspielung auf Barbies gleichnamigen Freund) und wegen seines Zu-schnell-redens immer wieder auf. Das ist eines der bemerkenswerten Merkmale der Serie: Das selbstsicher auftretene "Alphamännchen" ist nicht der Typ mit dem breiten Kreuz, dem idealtypisch schönen Gesicht und den Muskeln, sondern der schmächtige aber rhetorisch begnadete Typ.

Die zweite Hauptfigur ist neben Alan Shore allerdings Denny Crane (William Shatner). Denny Crane ist ein etwas in die Jahre gekommener Staranwalt und Seniorpartner in der Kanzlei. Den Zenit seines Schaffens überschritten muß sich Denny mit den Problemen des Älterwerdens herumplagen. Er ist vergeßlich, planlos und oft ein wenig desorientiert, man könnte auch sagen, er wird langsam senil. Was ihm bleibt, ist sein Name, mit dem er zur Legende wurde: Denny Crane! Einige Folgen bestreitet er nur damit, diesen laut auszusprechen, entweder im beisein Dritter oder auch nur für sich selbst. Der Ruf der ihm vorauseilt ist so nachhaltig, daß die Erwähnung seines Namens manchmal wirklich ausreicht. Oft dient sein Aussprechen allerdings auch nur ihm selbst, als letzte Möglichkeit der Selbstbestätigung.

Denny Crane bringt seine Kanzlei durch seine Verplantheit und sein dreistes bis unverschämtes Auftreten immer wieder in Schwierigkeiten. Dies wird bereits in der ersten Folge klar: Der wichtigste Klient der Kanzlei will, daß seine Frau von einem Detektiv überwacht wird, weil er glaubt, daß sie ihn mit jemandem betrügt. Das Problem: Es ist Denny Crane selbst, der mit der besagten Frau in die Kiste steigt. Trotz solcher Eskapaden schafft es die Kanzlei jedoch nicht Denny Crane loszuwerden, weil dieser im richtigen Moment doch immer noch ein Ass aus dem Ärmel schütteln kann und nicht ganz so senil ist, wie alle dachten.

Wenn man überlegt, daß William Shatner in den 60er Jahre als Captain Kirk jahrelang den Bauch einziehen mußte und den heroischen Raumschiffskapitän spielte und dann in den 80ern den toughen Straßencop in der reaktionären Serie "T.J. Hooker" mimte, ist es schon erstaunlich, daß er jetzt im hohen Alter (inzwischen ist er 75) noch zu einer so zwiespältigen und selbstironischen Figur wie die des Denny Crane fähig ist. Dabei spielt er de facto ja nur sich selbst: Einen leicht abgehalfterten Ex-Star, der zwar immer noch seine Glanzmomente hat, ansonsten aber damit beschäftigt ist, das Sinken seines Sterns zu verarbeiten. Und es ist gerade die Figur des Denny Crane, die Boston Legal in den USA zur Kultserie gemacht hat.

Natürlich gibt es neben diesen drei Herren, auch noch drei charmante Damen in der Serie. Diese werden jedoch bereits nach der ersten Staffel ausgewechselt, offenbar waren ihre Rollen nicht nachhaltig genug angelegt. Erst später erscheinen mit Shirley Schmidt (Candice Bergen) und Denise Bauer (Julie Bowen) zwei weibliche Charaktere, die so angelegt sind, daß sie es mit den Herren aufnehmen können.

Insgesamt läßt sich sagen, daß die Serie von ihren absurden Geschichten und den immer etwas skurril bis wundersam wirkenden Figuren lebt. Wer den schnellen verbalen Schlagabtausch liebt und ein Fan von trockenem Humor ist, der wird die Serie ausgesprochen unterhaltsam finden.

Freitag, Oktober 27, 2006

Zum Totenschädel-Skandal

Unverhältnismäßige Skandalisierung

Die Hysterie in den Medien ist angesichts immer wieder neu auftauchender Totenschädel-Fotos der Bundeswehr zur Zeit immens. Trotz des unbestrittenen Fehlverhaltens der betroffenen Soldaten stellt sich allerdings die Frage, inwieweit die Reaktion darauf noch verhältnismäßig ist.

Und zwar insbesondere dann, wenn man sich mal ansieht, was zeitgleich so alles in Afghanistan abläuft. So hat die Taliban zwar Vergeltung angekündigt -- nicht aber etwa wegen der Bundeswehr-Fotos, sondern für den Tod zahlreicher Zivlisten im Südosten des Landes:

"Während die deutsche Öffentlichkeit mit weiteren schändlichen 'Bundeswehr-Schockfotos' aus Afghanistan beschäftigt ist und das bisherige Schweigen islamistischer Wortführer zu diesem Thema als 'unheimlich' bewertet wird, sieht sich die NATO mit einem anderen Image-Schaden konfrontiert: Ein Bombenangriff im Süden des Landes soll möglicherweise mindestens 60 Zivilisten das Leben gekostet haben." (Telepolis, 27.10.06)

Während diese Tötung von afghanischen Zivilisten durch die Isaf-Truppen aber in den Medien kaum Beachtung findet, ist das Geschrei riesig, wenn ein Soldat seinen Pullermann neben einem Schädelknochen ablichten läßt.

Fast könnte man meinen, es sei ethisch verwerflicher neben menschlichen Knochen zu posieren als z.B. durch Unvermögen Unschuldige zu töten. Ähnlich bringt das der Karikaturist Klaus Stuttmann in der taz auf den Punkt: In der Karikatur vom Freitag sind sterbende Soldaten zu sehen, jeweils mit der Bildunterschrift "Das ist nicht pervers", nur der letzte Soldat, der unverletzt ist und einen Totenschädel in der Hand hält, ist "pervers".

Wirklich schlimm wäre es gewesen, wenn die Bundeswehr Menschen mißhandelt oder gar Unschuldige umgebracht hätte. Ein solches Fehlverhalten hätten dann in der Tat eine Empörungswelle gerechtfertigt, wie wir sie zur Zeit erleben. Aber darum geht es in diesem Fall ja nicht. Es geht um die sterblichen Überreste von Menschen, nicht um lebende Menschen. Da besteht, trotz der natürlich berechtigten Kritk am Verhalten der Soldaten, immer noch ein gewichtiger Unterschied.

Die "Totenschädel-Vorgänge" in Afghanistan sind ein Skandal, aber sie sind nicht der "Über-Skandal" zu dem die deutsche Presselandschaft sie hypt. Da wäre es wünschenswert, man würde das Augenmerk auf viel größere Skandale lenken, wie etwa dem oben angesprochenen Tod von Zivilisten während eines Isaf-Angriffs oder dem Tod von Isaf-Soldaten während eines insgesamt fragwürdigen Einsatzes am Hindukusch.

Totenruhe wirklich gestört?

Ob tatsächlich ein Straftatbestand nach § 168 StGB ("Störung der Totenruhe", siehe auch Wikipedia) vorliegt, ist zudem bis dato immer noch nicht ganz klar. Reiner Sörries, Geschäftsführer der "Arbeitsgemeinschaft Friedhof und Denkmal" (AFD), sagte gegenüber SPON:

"Reiner Sörries widerspricht auch der allgemeinen Deutung, dass es sich bei der Tat der Soldaten um Schändung handle: 'Totenschändung ist immer individualisiert', sagt der Experte zu SPIEGEL ONLINE. Die Soldaten hingegen kannten die Verstorbenen nicht." (SPON, 27.10.06)

Ob das die Juristerei genauso sieht, wird sich noch zeigen. Die Staatsanwaltschaft München hat jedenfalls gegen den ersten der identifizierten Soldaten Ermittlungen aufgenommen.

Nach gegenwärtigem Erkenntnissstand haben die Täter die Knochen zumindest nicht irgendwo auf einem Friedhof ausgegraben, sondern sie anscheinend irgendwo in einer offenen Grube am Straßenrand liegen sehen. Offenbar sind vor ihnen also schon andere pietätlos mit diesen menschlichen Überresten umgegangen. Gut, das macht die Tat der Soldaten natürlich auch nicht besser, aber es besteht hier schon noch ein qualitativer Unterschied zu z.B. Nekrophilen, die Nachts auf Friedhöfen gezielt Leichen ausbuddeln um sich an ihnen zu vergehen.

Erklärungsansätze für das Fehlverhalten

Wie es dazu nun dazu kommen konnte, daß einige Bundeswehrsoldaten ein derartiges Fehlverhalten an den Tag legen konnten, versucht der Verhaltensbiologe Wulf Schiefenhövel zu erklären

"Zum einen seien junge Männer nun einmal 'risky young males' - also mit Risiken behaftet. Soll heißen: 'Auf der ganzen Welt machen sie Dinge, die man nicht wirklich kontrollieren kann.' Das sei 'Showverhalten'. Die einen würden in Afghanistan mit Schädeln posieren, während manch andere 'sich nach dem Disco-Besuch zu sechst ins Auto setzen und gegen die Wand fahren'. Die Motivation in beiden Fällen: 'Sie wollen Macho-Macker sein', sagt Schiefenhövel zu SPIEGEL ONLINE. Das bekomme man 'nicht so leicht durch Sozialisation weg - und schon gar nicht durch kurze Lehrgänge bei der Bundeswehr'.

Als zweiter Erklärungsstrang dient Schiefenhövel die Drucksituation, in der sich deutsche Soldaten beim Auslandseinsatz am Hindukusch befinden: 'Sie stehen unter ständiger Bedrohung, kommen quasi als Eroberer in ein Land, befinden sich aber andererseits nicht in einem offenen Kampf.' Echte Kampfhandlungen dagegen könnten 'eine Ventilfunktion' haben. So aber ergebe sich 'ein Gemisch aus Routine und Frustration', das vermutlich für viele Soldaten 'massiven psychischen Druck' bedeute, sagt Schiefenhövel. Mögliche Folge: Die Soldaten fielen auf 'archaische, biophysisch begründbare Verhaltensmechanismen' zurück und posierten mit Schädelknochen" (SPON, 27.10.06)

Wenn der Soldat also endlich mal jemanden hätte, dem er eine Kugel in den Kopf jagen könnte, dann müßte er nicht mit den Gebeinen Dritter posieren. Ganz toll. Und außerdem fällt er in ein archaisch-pubertäres Showverhalten zurück, weil "risky young males" das nun mal so machen. Ach so.

Andererseits wären Soldaten, die zu viel über ihr eigenes Handeln reflektieren vermutlich unbrauchbar, sie liefen Gefahr im falschen Moment zu zögern und wären dann tot. Man braucht zum Krieg führen also ein Typ Mann, der linear denkt, sich bis zu einem bestimmten Grad seinen Machismen hingibt und immer genug Testosteron-Reserven hat. Wenn dann aber mal einige negative, gesellschaftliche "Nebenwirkungen" dieses Typs Mann an die Oberfläche kommen, ist die Empörung groß.

Wahrscheinlichkeit eines Terror-Anschlags erhöht?

Neben der Empörung über das pietätlose Verhalten der betroffenen Bundeswehr-Soldaten geht es natürlich auch um die Frage, ob durch das Veröffentlichen der Fotos die Wahrscheinlichkeit gestiegen ist, daß die Soldaten in Afghanistan oder gar die Bevölkerung hier in Deutschland Opfer von Anschlägen werden, weil radikale Islamisten Rache für die Totenschändung nehmen wollen.

Natürlich ist das nicht auszuschließen, muslimische Fundamentalisten sind bekanntlich in der jüngeren Vergangenheit schon in ähnlichen Fällen auf die Barrikaden gegangen und haben durchgedreht. Insofern hätte das Fehlverhalten dann schlimmere Auswirkungen, als die involvierte Soldaten es sich jemals hätten vorstellen können. Bisher gab es allerdings keine nennenswerten Stellungnahme von Fundamentalisten.

Auch steht bis dato immer noch nicht fest, ob es sich bei den Gebeinen um die von Muslimen oder nicht doch um die von Russen gehandelt hat (inzwischen gibt es ja mehr als einen Fall).

Fast scheint es dagegen so, als würden die deutschen Printmedien eine solche Reaktion der radikalen Islamisten regelrecht herbeischreiben wollen.

Die Intention der BILD-Zeitung

Es war die BILD-Zeitung, die am 25.10. die ersten "Schock-Fotos" veröffentlichte und sich moralisch aufspielte. Christian Gapp schreibt dazu in Telepolis:

"Dahingehend ist die im ersten Moment scheinbar besonders nahe liegende Frage nach den Intentionen der BILD-Zeitung wahrscheinlich leicht zu beantworten. Mit in Jahrzehnten vervollkommneter traumwandlerischer Sicherheit trifft BILD den gesellschaftlichen Nerv. Eine ein Tabu brechende Enthüllung ('Die Bilder erregen Abscheu'), kombiniert mit staatstragender Rhetorik ('Sind sich Vorgesetzte immer ihrer Verantwortung bewusst?') garantiert hechelnde Neugierbefriedigung und pseudo-moralische Unangreifbarkeit." (Telepolis, 26.10.06)

Dennoch kann der durch die BILD-Zeitung begonnen Skandalisierung des Vorfalls vielleicht auch etwas positives abgewonnen werden, wie auch Gapp meint: Auf diese Art und Weise wächst in der Öffentlichkeit das Bewußtsein, in was für einer mißlichen Lage sich die Bundeswehr in Afghanistan befindet. Mäßig ausgerüstet und schlecht geschult arbeiten sie dort unten dem großen Knall entgegen. Gapp geht davon aus, daß es so langfristig vielleicht sogar zu einer wirklichen Diskussion über Sinn und Zweck der Bundeswehrmissionen kommen könnte.

Siehe zum Thema im blogSquad auch: "schändliches" von kreyki.

Sonntag, Oktober 22, 2006

Action League Now!



Zu den kultigsten Cartoons auf Nickelodeon gehört zweifellos die Trash-Serie "KaBlam!" in der mehrere Miniserien zusammengefaßt werden. So z.B. die Animation "Prometheus & Bob", in der ein Außerirdischer vergeblich versucht einem Steinzeitmenschen die simpelsten Techniken (z.B. "Das Rad") beizubringen und sich ein ebenfalls mitspielender Affe immer als der intelligentere erweist.

Noch trashiger und kultiger ist aber vermutlich die ebenfalls in KaBlam! integrierte Serie "Action League Now!" in der Spielzeug-Plastik-Figuren der Sorte He-Man (technisch gesehen eigentlich eine Conan Action-Figur), Barbie und G.I. Joe verrückte Abenteuer in der "Echtwelt" erleben.

The Flesh ("er ist superstark und supernackig" *lol*), Thunder Girl, Stinky Diver, Meltman ("mit der unglaublichen Kraft zu schmel-zen") bilden zusammen mit dem Chief die Action League, die sich meist gegen ihren Erzfeind, den Bürgermeister, zur Wehr setzen muß. Natürlich passieren der Action League dabei immer zahlreiche Mißgeschicke und Unfälle. Die Serie ist pure Satire und macht sich über die typischen "Action Heroe"-Gesten gnadenlos lustig.

Inzwischen gibt es von "Action League Now!" vier Staffeln mit 40 Folgen, von denen aber bisher längst nicht alle im deutschen Nickelodeon zu sehen waren. Auf YouTube finden sich zahlreiche der englischen Original-Folgen, aber z.B. auch japanische und schwedische Synchron-Varianten.

Siehe auch:

- "Prometheus & Bob"-Folgen auf YouTube
- "Action League Now!"-Folgen auf YouTube

Samstag, Oktober 21, 2006

Stuttmann-Karikatur in der taz

Stuttmann kombiniert die Unterschichten-Debatte mit dem BVG-Urteil zur Berliner Finanzlage:
http://www.taz.de/pt/2006/10/20.1/kari

*roflmao*

Donnerstag, Oktober 19, 2006

"Grind, Geschmeiß, Gesocks und Mensch"

flottemuckeimbernstein schrieb:

Humanismus

Grind. Geschmeiß. Gesocks. Mensch.

Bloomsday fragte:

Ein spontanes Brainstorming zum Begriff “Humanismus”? Eine freie Assoziationskette?

flottemuckeimbernstein erwiderte:

Im Grunde genommen weder noch. Ich bevorzuge wenn schon das spontane Brainstorming, denn um meiner Klimax das Kriterium der Freiheit zusprechen zu dürfen, würde es diesbezüglich eines ganzen Traktats erfordern. Berücksichtigt man beispielsweise allein den Begriff der “Assoziationskette”, also um genau zu sein einem Verbund von miteinander verknüpfter Assoziationen, fällt sofort ins Auge, dass eine Kette aus nicht autonomen Gliedern besteht und insofern nicht frei sein kann! Demnach birgt die Kombination der Worte “frei” und “Assoziationskette” einen Widerspruch in sich, der vom literarischen Standpunkt aus betrachtet sicherlich eine interessante Spannung erzeugt, meinen Anforderungen an logischem Denken aber nicht genügt.

"Frei" im Sinne von "ohne Einschränkungen". So könnte ich z.B. festlegen, daß du mir deine Assoziationen zum Begriff "Apfel" nennen sollst, dich dabei aber auf Obst beschränken sollst. Du konzentrierst dich auf "Apfel" und "Obst" und assoziierst in diesem Moment gar nicht mehr Apple (die Computerfirma) mit "Apfel", weil ich dich in deinen Assoziationen schon in eine bestimmte Grundrichtung gelenkt habe. In einer "freien Assoziationskette" nennst du dagegen wirklich jeden Begriff A der dir zum Begriff B einfällt, ohne Spezifikationen bzw. Einschränkungen. Auch wenn dann A und B in einem Abhängigkeitsverhältnis zueinander stehen, hattest du immer noch die freie Wahl B zu nehmen oder etwas anderes was dir spontan in den Sinn gekommen ist (C). Der potentielle "Assoziations-Radius" ist jedenfalls größer. Natürlich ist das insofern relativ, als daß "freie" Assoziationen auch nicht aus dem Nichts kommen, sondern durch Wissen, Erfahrungen, Sozialisation, etc. bestimmt werden.

Glücklich gewählt war "freie Assoziationskette" allerdings wirklich nicht. Vielleicht wäre "spontane Assoziationskette" besser gewesen, um meine Vermutung auszudrücken, daß du hier Begriffe aufgeschrieben hast, die dir zum jeweils vorhergehenden Begriff spontan eingefallen sind. Du hast also irgendwo "Humanismus" gelesen und dann spontan "Grind, Geschmeiß, Gesocks, Mensch" damit assoziiert. So meine erste Interpretation. Ein genaueres Hinsehen läßt aber vermuten, daß das so spontan nicht zu stande gekommen ist, du hast dir vermutlich mehr bei der Auswahl der Begriffe gedacht.

Die erste Frage die sich stellt ist, was du wirklich mit "Humanismus" gemeint hast. Die oft synonyme Verwendung der Begriffe "Humanismus" und "Humanität" ist problematisch, weil "Humanismus" auch im Sinne von "humanistischer Bildung" (Latein, Altgriechisch) bzw. als Bezeichnung für das Streben nach den Kulturwerten des griechisch-römischen Altertums verwendet wird. Um Mißverständnissen vorzubeugen, wird als Synonym für Menschlichkeit oder menschenfreundliche Gesinnung eher "Humanität" statt "Humanismus" verwendet.

Ich gehe davon aus, daß du Humanismus im Sinn von Humanität gemeint hast, also das was im Wahrig als "edle Menschlichkeit, Gesinnung und Verhaltensweise, die sich der Würde des Menschen verpflichtet fühlt" definiert wird. Ein positiv besetzter Begriff, dem du dann aber zunächst drei negativ konnotierte Wörter entgegenstellst. "Grind", "Geschmeiß", "Gesocks" sind abfällig gemeinte Begriffe. Okay, "Grind" ist vielleicht in erster Linie eklig, aber das impliziert irgendwo ja auch Abfälligkeit. Und nach diesen drei schlimmen G-Wörtern kommt dann mit "Mensch" auf einmal wieder ein positiv besetzter Begriff, der sich schon rein optisch von seinen drei Vorgängern dadurch abgrenzt, daß er nicht mit "G" beginnt.

Soweit so gut, nur was ist die Message? Gibt es überhaupt eine? Selbst wenn das von dir abstrakt gemeint war, nur ein Stück Sprache der Sprache wegen ist, etwas gedacht haben wirst du dir dabei ja in jedem Fall. Spricht da aus dir der Misanthrop, der dem moralisch überladenen, verlogenen Begriff des "Humanismus" (Stichwort: "Charity-Roadies" in Darfur) garstig die häßliche Realität entgegenstellen will? Oder ist es nicht eher umgekehrt ein moralisches Positionsbeziehen gegen die sprachliche Diskriminierung (Stichwort: "Unterschicht"), ein Hinweis darauf, daß das was in der Öffentlichkeit häufig abfällig als "Gesocks" bezeichnet wird eben auch "Menschen" sind, die als solche benannt werden sollten?

Eine weitere Interpretationsmöglichkeit wäre, daß die vier Begriffe eine Art Evolutionsfolge darstellen. Aus Grind wird Gesocks das sich zu Geschmeiß weiterentwickelt und am Ende zum Menschen wird. Hiernach stammt der Mensch also nicht vom Affen ab, sondern vom Geschmeiß. Auch das wäre eine eher garstige Darstellung der Menschheitsentstehung. Gegen diese Interpretation spricht allerdings die optisch deutliche Abgrenzung der Begriffe durch jeweils einen Punkt. Auch könnte es natürlich sein, daß du einfach nur meinst, man könne Grind, Geschmeiß, Gesocks und Mensch unter dem Begriff Humanismus zusammenfassen.

Gehen wir allerdings davon aus, daß meine Eingangsthese falsch war und du "Humanismus" nicht im Sinne von "Humanität" meinst, sondern hier in der Tat auf den typischen Bildungsbürger, den Humanisten, anspielst -- der Goethes und Schillers Werke sauber geordnet in Lederbänden im Regal stehen hat, der ein humanistisches Gymnasium besucht hat und sich viel auf seine Latein-Kenntnisse einbildet, der sich am oberen Rand der Bildungshierarchie glaubt, obwohl er nur in ihrem Mittelfeld verweilt, der meint, Elke Heidenreich verstünde etwas von Literatur, der sich als Teil der Elite versteht und doch nur das Juste Milieu repräsentiert, der Sonntags immer Tatort und danach Sabine Christiansen sieht, usw. -- dann sind die Begriffe "Grind, Geschmeiß, Gesocks" vielleicht auf ihn bezogen; eine Abrechnung mit dem Bildungsbürgertum wenn man so will.

Weiterführende Diskussion siehe blogSquad.

Mittwoch, Oktober 18, 2006

Hörenswert (4)

Die US-Band Buckcherry hat nach fünf Jahren Pause im vergangenen April ihr drittes Album mit dem Titel "Fifteen" rausgebracht. Der Sound geht in Richtung AC/DC und Guns & Roses, also richtig guter alter Hard Rock, der zwar als Musikstil etwas antiquiert ist, durch eine junge Band wie "Buckcherry" (offensichtlich ein Anagramm von "Chuck Berry") aber problemlos immer wieder aufgefrischt werden kann.

Die erste Single-Auskopplung "Crazy Bitch" bringt lyrisch das Übliche ("You're a crazy bitch but you f*** so good I'm on top of it") und klingt nicht zuletzt durch Josh Todds röhrende Stimme wie echter, monotoner, dreckiger Rock. Jeder der auch gerne mal etwas archaische Musik hört und früher schon immer AC/DC, Aerosmith und Co. mochte, sollte sich die Scheibe geben. Wie fast alle Bands haben auch Buckcherry ein MySpace-Profile auf dem man sich die neusten Songs anhören kann.

Siehe auch "Hörenswert 1" (SHA und Peaches), "Hörenswert 2" (Wolfmother und Stone Sour) und "Hörenswert 3" (Eagles Of Death Metal).

Dienstag, Oktober 17, 2006

MSN Group-Chats nun tatsächlich aus dem Verkehr gezogen

Wie an anderer Stelle schon berichtet, hat MSN mit dem 16.10.06 die Group Chats deaktiviert (ursprüngliches Datum war der 18.). Während das in anderen Ländern schon lange vorher auf den jeweiligen Group-Hauptseiten angekündigt wurde, wurden die deutschen Group-Nutzer einfach vor vollendete Tatsachen gestellt. Inzwischen läßt sich jedoch auch für das deutsche Angebot nachlesen, daß die Chats endgültig passé sind.

Während die sogenannten "Public Chats" (MSN Chats) bereits im Jahr 2003 dichtgemacht wurden (zu denen man bis zu diesem Zeitpunkt unter anderem direkt über den MSN Messenger Zugang hatte), gab es bis gestern immerhin noch die "Group Chats", die eine Mitgliedschaft in der jeweiligen MSN Group voraussetzten, ansonsten aber technisch identisch mit den alten "Public Chats" waren (die ihrerseits auf einem IRC-Klon aufbauten).

Genau wie bereits 2003 hielten auch diesmal wieder einige nostalgische Chatter den letzten Augenblick als Screenshot fest. Im Gegensatz zu 2003 ist dieser Abschied allerdings vermutlich für immer. Als einzige Hoffnung bleibt dieser Satz von MSN Deutschland:

"Darüber hinaus arbeiten wir an weiteren Lösungen für gemeinschaftliche Chats und werden Sie sobald wie möglich darüber informieren." (Statement von MSN zur Chat-Schließung)

Was genau unter "weiteren Lösungen für gemeinschaftliche Chats" verstanden wird, bleibt unklar. In den MSN Groups werden bereits diverse Nachfolgemodelle diskutiert. Vermutlich wird es jedoch kein einheitliches Chatsystem mehr geben, jede Group die weiter einen Chat betreiben möchte, sucht sich einen eigenen Drittanbieter wie z.B. "meeting4all" oder "GuT Chat" und nimmt diesen dann als (in)offiziellen Chat zur Group (wobei ein weiteres Problem offenbar darin besteht, daß die Chat-Software von einigen Drittanbietern der Ursprünglichen von MSN allzu ähnlich ist). Abzuwarten bleibt, ob diese "Sezessions-Tendenzen" zu einem weiteren Auseinanderbrechen der MSN Groups führen.

Tatsache ist, daß in vielen MSN Groups der Chat im Mittelpunkt stand. Diese Gemeinschaften drohen sich zu verlieren, wenn die Stammchatter den Umzug in den externen Chat nicht mitmachen bzw. sich nicht auf einen bestimmten Chatanbieter einigen. So gibt es z.B. einen Nachfolge-Chatraum für die Herzflimmern-Group zur Zeit sowohl bei "meeting4all" ("offiziell" vom Management der Group) als auch bei "GuT Chat" ("inoffiziell" durch eine Gruppe "Separatisten"). Ein Vergleich der beiden Systeme läßt sich bei Tiefdruckgebiet nachlesen.

Über die Beweggründe von MSN, die Chats zu schließen und ob diese Entscheidung richtig oder falsch war, wurde im "MSN Kosmos" wie immer kontrovers diskutiert. "Moderne" Dienste wie der "Windows Live Messenger" oder die "Windows Live Spaces" können die Chats als Kommunikationsstruktur kaum vollständig ersetzen. Wenn man nicht nur Reallife-Bekanntschaften auf dem Messi adden möchte, sondern auch mal neue Leute im Netz kennenlernen will, sind öffentliche Chaträume einfach nicht wegzudenken. Auch das "kennen lernen" von neuen "Friends" über die Live Spaces ist keine wirkliche Alternative, weil die Kommunikation über Blogs und Blog-Kommentare doch eine andere ist.

Andererseits gelten öffentlichen Chaträume als "out", die kommende Internetgeneration (sprich Teenager) präferiert wohl eindeutig eher "Instant Messaging" und "soziale Netzwerke" im Web-2.0-Stil (wie etwa MySpace); die wissen bald nicht mehr, was ein Chatraum im engeren Sinne überhaupt ist. Microsofts ehrgeizige Ambitionen mit "Wallop" eine Konkurrenz zu "Friendster" und "MySpace" zu schaffen, zeigen wohin die Reise wohl in Zukunft gehen soll.

Für "gemeinschaftliche Chats" wird da wenig Raum bleiben. Zu vermuten ist eher, daß die MSN Groups in näherer Zukunft dasselbe Schicksal wie die MSN Group-Chats erleiden werden. Ein Ansatz, die "MSN Groups" zu "Windows Live Groups" werden zu lassen, ist jedenfalls nicht erkennbar.

So empört viele MSN Groupler auch aufschreien mögen, Tatsache ist, daß die meisten von ihnen den nächsten "Evolutionsschritt" im Netz, der gemeinhin unter dem Begriff "Web 2.0" subsumiert wird, bisher nicht mal zur Kenntnis genommen haben. Auch wenn man Web 2.0 als Hype oder Modetrend abtut, unübersehbar bleibt trotzdem, daß die MSN Groups optisch und technisch relativ altbacken daherkommen. Bestimmte "Errungenschaften" die man gerne mit Web 2.0 assoziiert, wie z.B. RSS oder Tagging, müßten dringend in die MSN Groups integriert werden. Da MSN jedoch wie gesagt keine Anstalten macht, die Groups in dieser Hinsicht aufzufrischen, war's das wohl.

Freitag, Oktober 13, 2006

Schon gewußt... (1)

... daß "Freitag der 13." angeblich der Lieblingsfilm des nordkoreanischen Diktators Kim Jong-il ist? Unbekannt ist allerdings, welcher Teil der Reihe (es gibt insgesamt 11 wenn man "Freddy vs. Jason" mitrechnet) es ihm besonders angetan hat.

Dienstag, Oktober 10, 2006

An alle sogenannten Tau-, Frucht-, Obst- oder Essigfliegen

Mein legendärer Taufliegen-Thread (in der HF-Group) ist verschwunden, dabei wäre gerade jetzt, wo diese Seuche wieder ausgebrochen ist, ein guter Zeitpunkt gewesen, ihn wieder auszugraben :D.

Anders als landläufig angenommen trifft man die auch Frucht-, Obst- oder Essigfliegen genannten Insekten eben nicht nur bei dahinsiechendem Müll oder Obst an, die Viecher sind viel aggressiver und erobern als Kulturfolger im Spätsommer weite Lebensbereiche des Menschen.

All den Taufliegen da draußen möchte ich mit den Worten von General Cartman Lee voller Inbrunst sagen:

"I hate you guys. I hate you guys so very very much."

Montag, Oktober 09, 2006

Deutsche Nachrichtensender schwächeln

Als ich heute morgen um 5 Uhr durch die Programme zappte, lief auf CNN und BBC World schon eine ausführliche Berichterstattung über die Zündung der ersten nordkoreanischen Atombombe -- knapp 1,5 Stunden nach der Detonation. In den "Breaking News" kamen wie in diesen Fällen üblich diverse Experten zur Sprache, Korrespondenten in den Nachbarländern lieferten erste Infos über die Reaktionen der jeweiligen Regierung vor Ort. Auch die -- bis heute ja nicht endgültig geklärte -- Frage ob es nun wirklich eine Atombombe oder nur ein Fake mit einem konventionellen Sprengstoff war, wurde hinreichend diskutiert.

Auf den beiden deutschen Nachrichtensendern n-tv und N24 lief dagegen das übliche Programm weiter. Daß man hier überhaupt etwas von den jüngsten Ereignissen mitbekommen hatte, wurde nur über einen am unteren Bildrand laufenden Newsticker verdeutlicht. Offenbar war es keinem der beiden Sender möglich, das laufende Programm zu unterbrechen und mit einer Live-Berichterstattung zu dem Atomwaffentest auf Sendung zu gehen -- wie man dies normalerweise eigentlich von reinen Nachrichtensendern erwarten würde.

Das Frühmagazin "Punkt 6" auf RTL und das ARD-Morgenmagazin war die Nachricht jeweils gerade mal gut 3 Minuten wert (obwohl um 6 Uhr morgens nicht wenige Leute die Glotze anknipsen), ansonsten setzte man lieber auf länger vorbereitete Nachrichten wie dem Anschlag auf die Bahnstrecke Dortmund-Lünen. Wo kämen wir da auch hin, wenn mühsam zusammengetragene Lokal-Beiträge zurückstehen müßten, nur weil es plötzlich ein Ereignis von internationaler Tragweite gibt. Da müßte man ja über eine flexible und schnell schaltende Nachrichtenzentrale verfügen, das ginge nun wirklich zu weit.

Was für konventionelle Fernsehsender noch okay sein mag, ist es für Sender die von sich behaupten 24-Stunden-Nachrichtenkanäle zu sein ziemlich peinlich. Wozu hat man denn ein 24-Stunden-Programm, wenn es nach Einbruch der Dunkelheit mit "Autopilot fliegt" und nicht auf Änderungen im weltweiten Geschehen reagiert? Vielleicht war das Ereignis nicht wichtig genug, vermutlich würden aber n-tv und N24 selbst dann keine Live-Sendung auf die Reihe kriegen, wenn um 3 Uhr nachts plötzlich der Dritte Weltkrieg ausbrechen sollte.

Natürlich ist die Quote um diese Uhrzeit denkbar niedrig, trotzdem bleibt es ein Armutszeugnis für einen Nachrichtensender, wenn er nicht umgehend auf ein solches Ereignis mit einer Unterbrechung des Sendebetriebs durch eine Live-Sendung reagieren kann/will. Früher, als CNN noch an n-tv beteiligt war, war das etwas besser. Inzwischen ist n-tv genauso trantütig wie N24. Das liegt natürlich an der im Vergleich zu CNN oder Fox News schwachen personellen Besetzung von n-tv und N24. Aber wie wollen sie auch mehr Zuschauer bekommen, wenn man sich für eine "Echtzeit-Berichterstattung" doch wieder der BBC oder CNN zuwenden muß?

Ein anderes Beispiel, ist der tragische Tod des australischen Dokumentarfilmers Steve Irwin, der hierzulande außer auf ein paar Meldungen auf SPON keinerlei berichtenswerte Relevanz zu haben schien. Auch hier konnte man nur wenige Stunden nach dem Bekanntwerden des Unfalltods auf CNN und BBC World genaueres über die Umstände erfahren, während im deutschen Fernsehen selbst tagsdarauf die Todesnachricht nicht mal im Videotext zu finden war.

Nun war Irwin hierzulande natürlich auch nicht so bekannt wie in den USA und Australien, trotzdem lief seine Show ("The Crocodile Hunter") auch bei rtl2 und war ein weltweit vermarktetes Format. Irwins Stil war umstritten und er war auch keine Instanz wie Heinz Sielmann, trotzdem zeugt die hiesige Nicht-Berichterstattung von Ignoranz, da er trotz allem international bekannter war (in Australien wurde sogar ein Staatsbegräbnis erwogen) als die Nichtbeachtung seines Todes schließen lassen könnte.

Sonntag, Oktober 08, 2006

Spray more, get more?



Im neuen Werbespot von Axe sieht man jede Menge ausgesprochen hübsche Models durch den Wald, das Meer und die Berge jagen. Ihr Ziel, wie könnte es anders sein, ist ein junger Mann der sich die volle Breitseite Axe gibt und dadurch natürlich extrem anziehend auf das andere Geschlecht wirkt.

Das Erste was mir bei dem ganzen Gerenne, Geschwimme und Gekletter aber spontan durch den Kopf geschossen ist: Wie schaffen es so dürre Models ohne Muskeln und ohne Fettreserven einen solchen Triathlon-ähnlichen Wettbewerb durchzustehen? Hach, wie unrealistisch! *lacht*

Samstag, Oktober 07, 2006

Ercole alla conquista di Atlantide

Kabel1 zeigt heute Nacht einen echten Klassiker unter den Sandalenfilmen, "Herkules erobert Atlantis" (Ercole alla conquista di Atlantide), aus dem Jahr 1961. Mit Reg Park als Muskelpaket in der Rolle des Herkules (Ercole) und der unvergleichlichen Fay Spain als weibliche Gegenspielerin und Königin von Atlantis. Natürlich gibt es jede Menge "Old-School-Tricktechnik", wie z.B. an noch sichtbaren Feden heranschwebende Geier *lacht*. Der ideale Trash-Streifen zum nächtlichen Chillout :D.

"Herkules erobert Atlantis", 2.25 Uhr, Kabel1.

Freitag, Oktober 06, 2006

Zapateros Parlamentssessel eingesackt -- oder auch nicht



In Spanien gibt es zur Zeit viel Wirbel um dieses Video, das angeblich die Entwendung des Sessels von Ministerpräsident Zapatero aus dem spanischen Parlamentsgebäude zeigt. Zu sehen sind vier maskierte Männer, die über ein Fenster einsteigen, den Sessel klauen und dann damit verschwinden. Nach einigen Überprüfungen stellte sich heraus, daß das Video ein Teil-Fake ist. Zwar wurde tatsächlich ein Sessel durch die Gänge des Parlaments geschoben, das war aber nicht der von Zapatero und die Missetäter kamen auch nicht durchs Fenster in das Gebäude, sondern wurden von einem Parlamentsangestellten eingeschleust. Einige Szenen im Video sind also echt, andere lediglich inszeniert.

Das Ganze geisterten durch die Blogosphäre und erregte zunehmend auch die Aufmerksamkeit der spanischen Mainstream-Medien. Inzwischen steht aber fest, daß die Geschichte eine Guerilla-Marketing-Aktion einer Werbeagentur war. Die handelte im Auftrag einer NGO, diese berief sich widerum auf ein Projekt der UN zur Armutsbekämpfung (sog. "Millenniumcampaign"). Die UN weist aber zurück, in die Sessel-Aktion involviert zu sein. Inzwischen hat sich die spanische Justiz eingeschaltet und ermittelt gegen die Initiatoren.

Mehr Details zu der Geschichte gibt es z.B. bei Telepolis.

Sonntag, Oktober 01, 2006