Montag, Oktober 09, 2006

Deutsche Nachrichtensender schwächeln

Als ich heute morgen um 5 Uhr durch die Programme zappte, lief auf CNN und BBC World schon eine ausführliche Berichterstattung über die Zündung der ersten nordkoreanischen Atombombe -- knapp 1,5 Stunden nach der Detonation. In den "Breaking News" kamen wie in diesen Fällen üblich diverse Experten zur Sprache, Korrespondenten in den Nachbarländern lieferten erste Infos über die Reaktionen der jeweiligen Regierung vor Ort. Auch die -- bis heute ja nicht endgültig geklärte -- Frage ob es nun wirklich eine Atombombe oder nur ein Fake mit einem konventionellen Sprengstoff war, wurde hinreichend diskutiert.

Auf den beiden deutschen Nachrichtensendern n-tv und N24 lief dagegen das übliche Programm weiter. Daß man hier überhaupt etwas von den jüngsten Ereignissen mitbekommen hatte, wurde nur über einen am unteren Bildrand laufenden Newsticker verdeutlicht. Offenbar war es keinem der beiden Sender möglich, das laufende Programm zu unterbrechen und mit einer Live-Berichterstattung zu dem Atomwaffentest auf Sendung zu gehen -- wie man dies normalerweise eigentlich von reinen Nachrichtensendern erwarten würde.

Das Frühmagazin "Punkt 6" auf RTL und das ARD-Morgenmagazin war die Nachricht jeweils gerade mal gut 3 Minuten wert (obwohl um 6 Uhr morgens nicht wenige Leute die Glotze anknipsen), ansonsten setzte man lieber auf länger vorbereitete Nachrichten wie dem Anschlag auf die Bahnstrecke Dortmund-Lünen. Wo kämen wir da auch hin, wenn mühsam zusammengetragene Lokal-Beiträge zurückstehen müßten, nur weil es plötzlich ein Ereignis von internationaler Tragweite gibt. Da müßte man ja über eine flexible und schnell schaltende Nachrichtenzentrale verfügen, das ginge nun wirklich zu weit.

Was für konventionelle Fernsehsender noch okay sein mag, ist es für Sender die von sich behaupten 24-Stunden-Nachrichtenkanäle zu sein ziemlich peinlich. Wozu hat man denn ein 24-Stunden-Programm, wenn es nach Einbruch der Dunkelheit mit "Autopilot fliegt" und nicht auf Änderungen im weltweiten Geschehen reagiert? Vielleicht war das Ereignis nicht wichtig genug, vermutlich würden aber n-tv und N24 selbst dann keine Live-Sendung auf die Reihe kriegen, wenn um 3 Uhr nachts plötzlich der Dritte Weltkrieg ausbrechen sollte.

Natürlich ist die Quote um diese Uhrzeit denkbar niedrig, trotzdem bleibt es ein Armutszeugnis für einen Nachrichtensender, wenn er nicht umgehend auf ein solches Ereignis mit einer Unterbrechung des Sendebetriebs durch eine Live-Sendung reagieren kann/will. Früher, als CNN noch an n-tv beteiligt war, war das etwas besser. Inzwischen ist n-tv genauso trantütig wie N24. Das liegt natürlich an der im Vergleich zu CNN oder Fox News schwachen personellen Besetzung von n-tv und N24. Aber wie wollen sie auch mehr Zuschauer bekommen, wenn man sich für eine "Echtzeit-Berichterstattung" doch wieder der BBC oder CNN zuwenden muß?

Ein anderes Beispiel, ist der tragische Tod des australischen Dokumentarfilmers Steve Irwin, der hierzulande außer auf ein paar Meldungen auf SPON keinerlei berichtenswerte Relevanz zu haben schien. Auch hier konnte man nur wenige Stunden nach dem Bekanntwerden des Unfalltods auf CNN und BBC World genaueres über die Umstände erfahren, während im deutschen Fernsehen selbst tagsdarauf die Todesnachricht nicht mal im Videotext zu finden war.

Nun war Irwin hierzulande natürlich auch nicht so bekannt wie in den USA und Australien, trotzdem lief seine Show ("The Crocodile Hunter") auch bei rtl2 und war ein weltweit vermarktetes Format. Irwins Stil war umstritten und er war auch keine Instanz wie Heinz Sielmann, trotzdem zeugt die hiesige Nicht-Berichterstattung von Ignoranz, da er trotz allem international bekannter war (in Australien wurde sogar ein Staatsbegräbnis erwogen) als die Nichtbeachtung seines Todes schließen lassen könnte.

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

ich hab vom crocodile hunter erfahren als ich auf der wiesn im armbrustschützenzelt gesessen bin und es lief "lebt der alte holzmichel noch?" und die masse "lebt denn der crocodile hunter noch?" NEIN gesungen hat.

Bloomsday hat gesagt…

Das wundert mich nicht, bekanntlich sind auf dem Oktoberfest auch immer viele "Aussies" (Australier) anzutreffen, vermutlich habe die deutschen Saufgemeinschaften das von denen übernommen.