Donnerstag, Oktober 23, 2008

Windows Live Groups kommen im November - MSN Groups werden abgeschoben

Die gute Nachricht zuerst: Am 17.11.08 soll es angeblich endlich soweit sein, Microsoft wird seine "Windows Live Groups" offiziell ins Leben rufen (LiveSide.net, 15.10.08). Damit wird die Windows Live Familie endlich um das bereits vor einem Jahr erwartete Groups-Angebot erweitert.

Die schlechte Nachricht: Am 21.02.09 sollen die "altehrwürdigen" MSN Groups endgültig abgeschafft werden. Und obwohl die neuen Live Groups als de facto Nachfolge-Angebot fungieren werden, können MSN Groups Betreiber ihre Gruppen nicht dorthin migrieren. Wer seine alte Gruppe über den 21. Februar hinaus behalten will, muß sie zu einem Drittanbieter namens Multiply transferieren, den Microsoft als neuen "Partner" anpreist (TechCrunch, 15.10.08).

Multiply gehört zu den Social Networks der ersten Stunde, es wurde bereits 2003 gegründet, ist aber bis heute kaum jemandem ein Begriff, da es sich anders als z.B. Facebook oder MySpace nie durchsetzen konnte. Dennoch nutzen laut Wikipedia immerhin 9 Millionen User den Service.

Gemessen am Erfolg anderer Social Networks spielt Multiply aber nur in der zweiten oder dritten Liga. Die Frage ist also, warum Microsoft sich dazu entschlossen hat, seine MSN Groups ausgerechnet dahin abzuschieben, anstatt seinen Nutzern die Möglichkeit einzuräumen, die jeweilige MSN Group in eine Windows Live Group zu migrieren:

"This just seems weird - why would Microsoft abandon a sizable (but dwindling) chunk of users to an entirely unrelated social network? It's nice that they aren't leaving their users out in the cold, but why not just cut off new signups to MSN Groups and allow the legacy users to continue on in peace? Microsoft may appear to have made the gesture in good faith, but it's likely that the company is hoping users will scoff at the idea of having to migrate, and just sign up on the new Live service when it launches." (TechCrunch, 15.10.08)

Demnach wäre die Kalkulation bei Microsoft also, daß die Nutzer mehrheitlich keine Lust haben sich mit der Migration oder anschließend mit dem eher drittklassigen Anbieter Multiply herumzuschlagen und dann lieber gleich eine neue Windows Live Group eröffnen (dazu später mehr). Ähnlich wie schon bei der Einstellung des MSN Chat Services (später MSN Group Chat), nimmt Microsoft dabei offenbar billigend in Kauf, daß einige Nutzer auch abwandern und sich die gewünschte Dienstleistung woanders suchen.

Microsoft begründet die Schließung von MSN Groups wie folgt:

"Da wir unseren Kunden die aktuellsten und benutzerfreundlichsten Technologien zur Verfügung stellen möchten, die derzeit verfügbar sind, haben wir die schwierige Entscheidung getroffen, den MSN Groups-Dienst zu schließen. Diese Entscheidung steht in direktem Zusammenhang mit weitergehenden Investitionen zur Aktualisierung und Neuausrichtung unserer Windows Live-Onlinedienste.

Wir sind der Überzeugung, dass die Schließung dieses Diensts langfristig die beste Lösung darstellt, um weiterhin innovative Dienste anbieten zu können, die zu den besten ihrer Art zählen und mit deren Hilfe Sie mit den Menschen in Kontakt bleiben können, die Ihnen wichtig sind. Im Herbst möchten wir einen neuen Groups-Dienst eröffnen.

Anders als MSN Groups wird Windows Live Groups jedoch hauptsächlich einen Ort darstellen, an dem kleinere Gruppen kommunizieren können. Ein Dienst für kleine, mittlere und große Gruppen steht nun über unseren Onlinepartner Multiply zur Verfügung." (MSN Groups Resource Center DE, 02.10.08)

Während also die neuen Windows Live Groups nur für "kleinere Gruppen" gedacht sind, ist Multiply als MSN Groups Aufnehmer darüber hinaus auch für "mittlere und große Gruppen" geeignet.

TechCrunch veröffentlichte auch eine statistische Kurve, die sehr schön den schleichenden Bedeutungsverlust der MSN Groups deutlich macht.

Einerseits lohnt sich die Aufrechterhaltung des alten Services für Microsoft also nicht mehr, andererseits würden die MSN Groups aber dennoch immer noch eine Grundkonkurrenz zum neuen Windows Live Groups Service bedeuten. Und die Live Groups sind vermutlich strukturell wie technisch soweit von den alten MSN Groups entfernt, daß Microsoft auch nicht den Aufwand betreiben möchte, die Möglichkeit eines "Upgrades" vom alten zum neuen Service anzubieten.

Eine ernsthafte Konkurrenz durch Multiply befürchtet Microsoft dagegen offenbar nicht. Zwar kann ein Gruppenbesitzer seine Gruppe migrieren, nicht aber die Benutzer. Die erhalten eine Einladung, müssen sich aber dennoch anschließend bei Multiply erst mal neu registrieren (MSN Groups Resource Center DE, 02.10.08). Selbst wenn die Migration erfolgreich war, haben die User auf Multiply noch einige andere Hürden zu nehmen (es gibt z.B. als einzige Sprache bei Multiply zur Zeit nur Englisch). Der Nutzer erhält also von Microsoft einen Wink mit dem Zaunpfahl, daß er aufs Abstellgleis geschoben wird und soll dann abspringen und sich bei den Windows Live Groups wiederfinden.

Selbst wenn man all diese Faktoren zugrunde legt, um Microsofts Vorgehen zu erklären, kündet der Schritt sicherlich von Arroganz. Die neue Zielgruppe der Windows Life Services ist wohl mehrheitlich deutlich jünger als die alte Garde der MSN Groups Nutzer (dies erkennt man z.B. mit einem einfachen Blick auf die mehrheitlichen Inhalte der von Nutzern betriebenen Windows Live Spaces). Und wer heute noch nicht im neuen Web 2.0 angekommen ist bzw. vielleicht nur ein einfaches Diskussionsforum (mit einem Chat) haben möchte, der ist als Zielgruppe für Microsoft offenbar einfach nicht mehr interessant genug.

Wer sich als Gruppen-Besitzer trotzdem nicht abschrecken lassen möchte, findet hier einen offiziellen "Step-by-Step Guide Migration Guide" in Deutsch, der erklärt, wie man seine Gruppe nach Multiply migriert. Die alte Gruppe bei MSN sollte man nach erfolgreicher Migration dann aber löschen, da diese ansonsten bis Februar noch weiter existiert und man als Group-Betreiber dann vor einem Redundanz-Problem steht, da neue und alte Gruppe von den Nutzern parallel (aber unter Umständen unterschiedlich) vorangetrieben werden.

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