Anders Microsoft, das die Verpackung mit lauter Zusatzinformationen regelrecht zubaut, so daß das Ganze am Ende deutlich überbeladen und "ramschig" wirkt, während das eigentliche Produkt unterzugehen scheint und nicht mehr im Mittelpunkt steht. Das Video ist natürlich nur ein Fake, eine Parodie auf die Produktpolitik von Microsoft. Dabei wird jedoch durchaus deutlich, wie die Vermarktungsansätze von Microsoft und Apple sich unterscheiden.
Schon vor einigen Jahren habe ich aufgehört ICQ zu nutzen, weil das Programm ständig um irgendwelche Features und Buttons erweitert wurde, während die eigentliche und ursprüngliche Funktion, das Instant Messaging, immer stärker in den Hintergrund geschoben wurde. Irgendwann gab es dann "ICQ Lite", das sich wieder mehr auf die Basisfunktionen konzentrieren sollte, als bald aber ebenfalls unter der "Featuritis" zu leiden schien. Konsequenterweise gab es dann bald wieder nur noch ein offizielles ICQ (vom webbasierten ICQ2Go! mal abgesehen).
Vielleicht bin ich was meine Ansprüche an das Look-and-Feel von Programmen angeht etwas altmodisch. Ich mag Programme die optisch "aufgeräumt" wirken und sich auf ihren eigentlichen Daseinszweck beschränken. Daher kam mir der MSN Messenger in seinen früheren Versionen angenehm vor, nicht zu viele Kinkerlitzchen, keine überbordenen Gadgets, keine überflüssigen Icons, keine ressourcen-fressenden Zusatzfeatures.
Doch die "nachfolgenden Generation" sieht das ganz andere. Dort sind Jeans mit blinkenden Strass-Steinchen der letzte Schrei, und am Handy baumelt ein funkelnder Swarovski-Kristall (bzw. das, was heute als "Swarovski" durchgeht). Ohne "Bling-Bling" geht es einfach nicht mehr. Und das spiegelt sich natürlich auch bei der Wahl von Internet-Programmen wieder. Die Jugend will unterhalten werden, braucht ständig neue Spielchen und neue mehr oder weniger praktische Funktionen. MSN hat das erkannt und die Produktentwicklung des Windows Live Messengers (so heißt er ja heute) entsprechend der neuen Zielgruppe ausgerichtet:
"Microsoft hat damit bereits Erfolge erreicht, da die Nutzung des Windows Live Messengers besonders in der Altersgruppe der 13- bis 18-Jährigen in den letzten Jahren stark angestiegen ist." (Wikipedia)
Sprich, der Windows Live Messenger ist heute der Lieblingsmessenger der meisten Teenager. Entsprechend infantil wirkt das Ganze dann auch streckenweise.
Doch nicht nur Teenager können sich für die neue Klickibunti-Welt von MSN begeistern. So ist eine blogSquad-Kollegin bekennender Fan der "Meegos":
"MeeGos sind maßgeschneiderte Dynamische Anzeigenbilder welche Sie sich selbst für Windows Live Messenger 7 oder höher erstellen können. MeeGos reagieren auf die Emotionen Ihrer Gespräche. Geben Sie mal was ein ;)" (MeeZone.com)
Ein Meego ist also ein Avatar auf dessen Aussehen der Nutzer Einfluß nehmen kann und der dann im Messenger statt des normalen Bildes erscheint. Für die blogSquad-Kollegin ein weiterer Bestandteil der Individualisierung ihres Computers. Nun, sicher, wer wollte schon eine Computer-Welt in der jeder denselben Bildschirmhintergrund hat, in der es nur eine einzige Schriftart gibt und nur schwarz und weiß als einzige Farbtöne (okay, so etwas gibt es tatsächlich noch). Aber einen Avatar, der die eigene Stimmungslage visualisieren soll? Weder bringen Meegos das nötige Maß an Differenzierung mit das nötig wäre menschliche Stimmungsschwankungen zu visualisieren, noch sehen sie grafisch besonders ansprechend aus. Unterm Strich ist es eine Spielerei unter vielen, die der Windows Live Messenger heute ermöglicht.
Und während besagte blogSquad-Kollegin versucht mich zu überzeugen, daß man über Meegos Individualität zum Ausdruck bringen kann, gesteht mir eine weitere Bekannte zeitgleich ihre neuste Sucht namens "Bejeweled":
"Der rechteckige Bereich des Spielfelds ist gefüllt mit farbigem Edelsteinen. Die einzige gültige Bewegung ist, angrenzende Edelsteine auszutauschen, um drei oder mehr Edelsteine von der gleichen Farbe horizontal oder vertikal ausrichten zu lassen. Wenn das geschieht, erwirbt der Spieler Punkte, und die Edelsteine verschwinden. Edelsteine darüber fallen herunter und der Extraraum wird mit zufälligen Edelsteinen gefüllt. Setzt man mehre Reihen Steine nacheinander zusammen wird dieses eine 'Kaskade' genannt. Das Spiel endet, wenn es keine gültigen Bewegungen gibt." (Wikipedia)
Das Spiel, das sehr an Klassiker wie Tetris oder Blockout erinnert und damit nicht besonders innovativ ist, gibt es auch in der MSN Games Zone und kann hier unter anderem auch über den Windows Live Messenger gespielt werden. So ist dem Spiel dann wohl auch die erwähnte Bekannte verfallen, obwohl es mir schwer fällt, das Faszinosum das von diesem Spiel angeblich ausgehen soll, nachzuvollziehen.
Gegen all diese Gimmicks ist ja nichts einzuwenden, solange sie optional sind. Viel Schrott den man eigentlich nicht braucht, hat der Windows Live Messenger allerdings heute schon onboard. Hier wäre es wünschenswert wenn es ähnlich wie beim neuen Windows Vista verschiedene Varianten geben würde. So z.B. einen "Messenger Office" der nur das Nötigste mitbringt und einen "Messenger Fun", der dann all die ganzen Zusatzspielereien ermöglicht.
Was allerdings mehr als alles andere nervt, sind die Werbeeinblendungen. Da sich diese nicht deaktivieren lassen und es wohl keine schlanke, ressourcen-schonende Basisvariante des Windows Live Messengers geben wird, sollte man sich mal nach Alternativen umsehen.
Am bekanntesten ist hier inzwischen sicherlich aMSN. Der aMSN ist dem Original-Messenger stark nachempfunden, insgesamt trotzdem deutlich schlanker und weniger überladen. Er wirkt aufgeräumter und erspart dem Nutzer lästige Werbeeinblendungen. aMSN gibt es für Windows, Linux, MacOS X und FreeBSD.
Der Nachteil von aMSN ist, daß er wirklich nur MSN kann, während der neuste Windows Live Messenger ja auch die Kommunikation mit Yahoo-Nutzern ermöglicht. Selbst das ist allerdings nicht viel, so genannte "Multi-Protokoll-Messenger" erlauben es, mehrere Messenger-Systeme zugleich zu nutzen.
So werden z.B. von Gaim (Windows, Linux, MacOS X, BSD) unter anderem AOL Instant Messenger, Jabber, MSN, ICQ und Yahoo unterstützt. Ähnliche "Wunder" vollbringen Adium und Fire (beide nur MacOS X) oder auch Trillian (nur Windows) und Kopete (nur Linux).
Insbesondere für Leute die mit Freunden chatten wollen, die jeweils einen anderen Messenger nutzen, könnte sich der Umstieg auf einen Multi-Protokoll-Messenger lohnen. Wer hauptsächlich seinen Windows Live Messenger nutzt und auch alle Kontakte im MSN Netzwerk hat, sollte als Alternativ-Client aMSN in Erwägung ziehen. Auch wenn Microsoft Clients von Drittanbieter gerne ausschließen möchte, erfreuen sich diese zunehmender Beliebtheit und können auch nicht wirklich ausgesperrt werden.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen