Freitag, Februar 16, 2007

Die Sache mit dem Vaterschaftstest

Am vergangenen Dienstag wies das Bundeverfassungsgericht die Klage von Frank S. ab, der die Resultate eines heimlichen Vaterschaftstest für gerichtsverwertbar erklären lassen wollte. Frank S. hatte über den Test herausgefunden, daß er nicht der leibliche Vater des Kindes ist, für das er aber weiterhin Unterhalt zahlen mußte, während die Mutter längst in einer Beziehung mit einem anderen Partner lebte (SPON, 13.02.07).

Das BVG bestätigte nun die gängige Praxis, daß heimliche, also ohne die Zustimmung der Mutter (bzw. des Kindes, wenn es ein entsprechendes Alter erreicht hat) vollzogene Vaterschaftstests, nicht gerichtsverwertbar sind. Frank S. muß demnach weiter für ein Kind zahlen, das nicht seines ist.

Das Bundesverfassungsgericht wies den Gesetzgeber jedoch im zweiten Teil des Urteils auch an, bis zum März nächsten Jahres eine gesetzliche Grundlage zu schaffen, die es dem Vater zukünftig auch ohne Einwilligung der Mutter (des Kindes) erlaubt, einen Vaterschaftstest durchführen lassen zu dürfen. Denn das Grundgesetz räumt dem Vater "das Recht auf Kenntnis ein, ob ein Kind von ihm abstammt" (frühere Feststellung des BVG):

"Deshalb, das ist die klare Forderung des Verfassungsgerichts, muss der Gesetzgeber jetzt ein 'geeignetes Verfahren allein zur Feststellung der Vaterschaft' bereitstellen. Dabei, das hat das Verfassungsgericht mehrfach festgehalten, dürfen keine besonderen Hürden gelten: Allein dass der Vater 'Zweifel an der Abstammung des Kindes von ihm vorträgt', muss genügen. Auf konkrete Belege kommt es nicht an." (SPON, 13.02.07)

In Politik und Medien ist die Reaktion auf die Entscheidung unterschiedlich ausgefallen. Mehrheitlich wurde es begrüßt, es gab jedoch auch andere Stimmen. In der taz betont Katharina Koufen, daß das Urteil zum Nachteil des Kindes ausfalle:

"Erst mit der Geburt des Kindes beginnt die wirkliche 'Arbeit': der Aufbau einer Beziehung zum Kind, Verantwortung, Liebe, Erziehung - alles, was eben zum Vatersein dazugehört. Wer sich einmal dafür entscheidet, eine solche Aufgabe zu übernehmen, sollte dabei bleiben, sein Leben lang. Ein Kind sollte ein Recht darauf haben, seinen Papa behalten zu dürfen.

Die Forderung des Bundesverfassungsgerichts nach einem Gesetz, das juristisch verwertbare Vaterschaftstests künftig deutlich leichter machen will, widerspricht diesem Ziel. Sie stärkt die Rechte des Vaters - zulasten des Kindes: Dessen Rechte werden geschwächt. Das ist bedauerlich." (taz, 14.02.07)

Die Autorin stellt im Folgenden dann aber auch fest, daß auch Mütter häufig nicht die Interessen des Kindes vertreten, sondern eher die eigenen. "Die sehen manchmal so aus: Der Vater soll nicht seine Erzeugerrolle hinterfragen, sondern Unterhalt zahlen. Basta" (taz, 14.02.07). Zwar bliebe es zu hoffen, daß die Väter zukünftig verantwortungsvoll mit der Möglichkeit in jedem Fall einen gerichtsverwertbaren Vaterschaftstest machen zu können umgehen, zu befürchten sei aber das Gegenteil: "Die Entscheidung des BVG hilft Vätern dabei, offene Rechnungen mit der Ex auf dem Rücken der Kinder auszutragen" (taz, 14.02.07).

Unter den Tisch fällt dabei, daß die Mutter ja Beischlaf mit einem anderen Mann gehabt haben muß, wenn das Kind nicht vom deklarierten Vater stammt. Und Sex mit einer dritten Person gilt in einem auf monogame Beziehungen ausgerichteten Gesellschaftsmodell immer noch als einer der wichtigsten Gründe, sich zu trennen. Sicher muß man auch die Situation berücksichtigen, die Frau zum Beischlaf mit einem anderen Mann gebracht hat (z.B. daß der Mann seinerseits ebenfalls keine monogame Beziehung gelebt hat).

Dennoch bleibt Fakt, daß sie sich zum Zusammenleben mit einem Mann A entschieden hat, während sie Sex mit einem anderen Mann B hatte, von dem das Kind in Wirklichkeit stammt. Entweder sie setzt ihren Wunschpartner darüber in Kenntnis, daß das Kind vielleicht nicht von ihm stammt oder sie verheimlicht es ihm. Letzterer Fall wäre ein Indiz für Defizite in der Beziehung, die eine Fortführung der Beziehung generell als nicht besonders sinnvoll erscheinen lassen.

Mit einer alleinerziehenden Mutter zusammenzukommen und dann auch bewußt Verantwortung für ein Kind zu übernehmen, das diese aus einer vorhergehenden Beziehung mitbringt, ist das eine. Ein Kind als ein selbstgezeugtes zu betrachten, während der biologische Vater ein anderer ist, etwas anderes. Es ist doch nur natürlich, daß Mann nach dem Auseinanderbrechen der Beziehung dann nicht weiter für ein "fremdes" Kind aufkommen möchte.

War er sich vorher darüber im Klaren, daß das Kind nicht seines ist und hat sich trotzdem bewußt dafür entschieden hier die Vaterrolle zu übernehmen, sollte er sich nach dem Ende der Beziehung auch nicht um seine Verantwortung drücken können. Wurde er hingegen "verarscht", also bewußt im Glauben gelassen er sei der biologische Vater obwohl noch andere Kandidaten dafür in Frage kamen, ist es doch nur legitim, daß er nach Beendigung der Beziehung nicht weiter für ein Kind zahlt, das nicht seines ist.

Obwohl es bis dato schon illegal war, heimliche Vaterschaftstest durchzuführen, wurde ein solches Vorgehen von der Justiz nicht verfolgt. Nachdem Urteil des BVGs hat Bundesjustizministerin Zypries nun aber einen Vorstoß unternommen, einen Straftatbestand für solche heimlichen Tests einzuführen (davon wären vermutlich sowohl durchführende Labors als auch Väter als "Auftraggeber" betroffen). Womit sie aber besonders bei CDU und FDP auf Gegenwehr stieß (SPON, 15.02.07).

Keine Kommentare: