Zunächst Unterscheidung zwischen einer moralisch-humanitären und einer pragmatischen Argumentation, anschließend stärkere Fokussierung der pragmatischen ("Zuwanderung in Zeiten hoher Arbeitslosigkeit").
Kernthese
Der Überalterung der deutschen Gesellschaft muß unter anderem mit einer verstärkten Migration begegnet werden, um die sozialen Sicherungssysteme am Leben erhalten zu können, bei denen selbst nach einer grundlegenden Reform Einzahler im richtigen Verhältnis zu Empfängern stehen müssen. Da es nicht genug einreisewillige Migranten mit hoher Qualifikation und Startkapital gibt, müssen auch solche ohne Ausbildung, Job und Kapital die Einwanderung bewilligt bekommen. Diese Migranten müssen zunächst vom Staat finanziell unterstützt werden. Die Mittel dazu erhält der Staat entweder aus einer weiteren Verschuldung oder aber durch eine stärkere Besteuerung vermögender Privatpersonen. Mit diesen finanziellen Mitteln wird die Integrationspolitik quantitativ wie qualitativ ausgebaut, so daß auch aus den Transferleistungs-Empfängern später Transferleistungs-Geber werden.
Notwendigkeit der Quotierung von Migration
Obgleich es wünschenswert wäre, alle Migranten einwandern zu lassen, die das möchten, ist dies aus finanziellen Gründen nicht möglich. Ein völlig unreglementiertes Einwandern würde unweigerlich zum Kollaps des Systems führen. Es muß deshalb eine Quotierung gefunden werden, die sicherstellt, daß qualifizierte wie nicht-qualifizierte Migranten gleichermaßen einreisen können. Bei Migranten mit Ausbildung wird diese zum Kriterium, bei Migranten ohne Ausbildung entscheidet schlicht weg das Los (Ausnahmen sind "Härtefälle", zu denen ich z.B. auch die Familienzusammenführung zähle, die in jedem Fall gewährleistet sein muß). Auch wenn es also nicht möglich ist alle aufzunehmen, könnte doch deutlich mehr Migranten eine Einwanderungserlaubnis erteilt werden, als dies bisher der Fall ist (26008).
Verstärkung der Entwicklungshilfe nicht als alternative, sondern als parallele Maßnahme zur Intensivierung von Migration
Das parallel auch die Entwicklungshlfe ausgebaut werden muß (nicht nur von Deutschland), um den Menschen in der Dritten Welt auch vor Ort helfen zu können, bleibt unbestritten. Dies ist aber nicht ein Prozeß, der alternativ zu einer Verstärkung der Migration stattfinden kann. Allein auf eine Intensivierung der Entwicklungshilfe zu setzen reicht nicht, da es selbst bei intensivsten Bemühungen mehrere Jahrzehnte oder gar Jahrhunderte dauern würde, bis die Lebensverhältnisse in der Dritten Welt so sind, daß der durch Armut ausgelöste Migrationsdruck abnimmt. Für diesen Zeitraum können sich die westlichen Industrieländer nicht einfach nur einigeln und sich bei der Aufnahme von Migranten auf solche beschränken, die in das "Wohlstands-Profil" passen (26036).
Integration setzt Willen und Angebot voraus
Integration ist ein komplexer Prozeß, der nur gelingen kann, wenn beide Seiten ihn auch wirklich wollen. Für den deutschen Staat bedeutet dies, daß er z.B. ein entsprechendes Angebot an Sprachkursen bereitstellen muß. Die Migranten müssen umgekehrt dieses Angebot dann aber natürlich auch wahrnehmen. Wenig hilfreich ist die Forderung, daß die Migranten solche Kurse bereits in ihrem Heimatland besuchen sollen, dies können sich nur finanziell wohlsituierte und bereits ausgebildete Migranten leisten. Wie oben ausgeführt, kann es aber nicht das Ziel einer modernen Einwanderungspolitik sein, sich auf diese Zielgruppe zu beschränken (25444).
(Gegen)positionen:
ditsche:
- Unterscheidung zwischen Zuwanderung und Einwanderung; bestreitet das Deutschland ein Einwanderungsland ist (25416).
- Führt die Gefahr der Ausnutzung der sozialen Sicherungsnetze durch Ausländer an (25416).
- Migranten sollten, wie dies auch in anderen Ländern üblich ist, nachweisen können, daß sie in der Lage sind sich selbst zu versorgen (25416).
- Migranten sollten "Startkapital" oder eine "gesuchte Qualifikation" mitbringen (25878).
- Strikte Ablehnung der Idee, auch geringqualifizierte Migranten ohne Ausbildung einwandern zu lassen, da diese die ohnehin schon niedrigen Löhne in diesem Segment noch weiter drücken würden (25953).
- Betonung der Notwendigkeit Armut vor Ort zu bekämpfen, demgegenüber: "Die Armen der Welt auf die die Armen im eigenen Land zu hetzen und sie zu nötigen, mit ihnen billige Jobs und billigen Wohnraum zu teilen, und dies in wachsendem Maße, kann doch nur vom rationalen her idiotisch sein" (26080).
- Bringt Fallbeispiel der "Ertricksung" von Sozialleistungen durch Ausländer in den Diskurs ein (25809).
- Vorgeschlagenes Verfahren der Quotierung per Los abgelehnt, da ungerecht (26024).
- Stattdessen: Intensivierung der Entwicklungshilfe: Statt mehr Migranten einreisen zu lassen, sollte lieber stärker vor Ort in den Heimatländern dieser Migranten interveniert werden (26024).
- Führt weiterhin die kulturellen Entwurzelung an, mit denen Migranten zu kämpfen haben, wenn sie ihre Heimat verlassen müssen (25980).
- Verweis auf die Belastung der (kommunalen) Kassen durch die Integrations-Kosten (25390).
- Das bisherige System ist einfach nicht mehr tragfähig: "Von diesen türkischen Arbeitnehmern ist großer Teil bereits in der dritten oder vierten Generation hier integriert. So sieht m.E. Migration aus - Migration als lebbarer lebensimmanenter dynamischer Ablauf. Aber: Es gibt bei uns sehr offensichtlich keine Möglichkeit mehr, solchermaßen oder ähnlich gestaltete Migration lebbar werden zu lassen" (25801).
- Aus dem nicht funktionieren des deutschen Systems wird die Absurdität über dieses System auch noch die Integrationskosten laufen lassen zu wollen hergeleitet: "Und dann holen wir Einwanderer dazu, deren Primärversorgung in eben jenes schräg angelegte Modell integriert werden soll?" (25933).
- "Einwanderung als politischer Grundsatz ist im derzeitigen D nicht möglich" (26021).
- Stattdessen: Glaube an die unsichtbare Hand des Marktes (der zunächst geschaffen werden müßte); aus dem "Bedarf" ergibt sich, für welche Migranten hier eine "Nische" vorhanden ist und für welche nicht: "Sobald in D der Markt frei gelassen werden würde (was das im einzelnen bedeutet, wäre gesondert aunzuschauen), das Besteuerungs- und Subventionssystem entsprechend ausgerichtet wäre, ergäbe sich Migration aufgrund von Bedarf, also Mangel und Notwendigkeiten (das ist die Nische, die nützliche :))" (25933).
- Betonung der Notwendigkeit, Migrationsmodelle so anzulegen, daß sie hier in Deutschland mehrheitsfähig sind: "Nur, weil du dies nun mal so so willst, wirst du eine Akzeptanz für Einwanderung bei einer Bevölkerung nicht erreichen. Und ohne Akzeptanz bei den Menschen, die dies außer Deiner Person auch noch was angeht, wirst du die glasklare Erfordernis von Einwanderungen auch zu deinen Lebzeiten nicht umgesetzt sehen" (25934).
- Skizziert deutsche Eigenart: In Deutschland wird bestritten, daß man ein Einwanderungsland ist und angenommen, daß die Migranten schon "germanisiert" und "leitkulturisiert" sein müssen, wenn sie ins Land kommen (26019).
- Schließung der demographischen Lücke durch Intensivierung von Migration (unter anderem) keine langfristige Lösung (25388).
- Stattdessen Änderung des Systems als solches (25453).
- Hält härtere Besteuerung von Reichen zur Finanzierung der Integration für unrealistisch (25926).
- Lehnt rigidere Maßnahmen die Kapitalflucht zu unterbinden ab (26037).
- Zeichnet die tatsächliche Situation in punkto Entwicklungshilfe nach: "Natürlich müssen sich primär die Bedingungen in den Heimatländern ändern, woran die westliche Wirtschaft aber wenig Interesse hat, lieber geht sie buchstäblich über Leichen. Diese Raffgier und Skrupellosigkeit (kein Brot für die Welt, aber Torte für mich) gutzuheißen und Flüchtlinge in diese Bedingungen zurück zu schicken, hat wenig mit Toleranz zu tun" (25967).
- Erläutert aber auch denkbare, bereits existierende Lösungskonzepte hinsichtlich der Entwicklungshilfe (25914).
5 Kommentare:
Wem oder was auch immer "muß unter anderem mit einer verstärkten Migration begegnet werden". Nein. Oder besser, das kann nicht klappen. Irgend jemand legt fest, wer wohin darf. Natürlich nur in eine Richtung. Der andere darf nur beantragen. Das wird sich die immer mehr werdende Mehrheit nicht bieten lassen. Das sollte nicht verwundern.
> Irgend jemand legt fest, wer wohin
> darf. Natürlich nur in eine
> Richtung. Der andere darf nur
> beantragen. Das wird sich die immer
> mehr werdende Mehrheit nicht bieten
> lassen.
Wer ist denn die "immer mehr werdende Mehrheit"? Du meinst jenen Teil der Bevölkerung mit Migrationshintergrund und ihm politsch nahestehende Personen? Der Teil, der sich dagegen auflehnt, daß weitere potentielle Einwanderer ihre Migration nur beantragen dürfen während andere die schon hier sind festlegen, wer tatsächlich einwandern darf und wer nicht?
Die Mehrheitsverhältnisse mögen sich vielleicht in Zukunft ändern, momentan besteht die Mehrheit in diesem Land aber noch aus einer Gruppe, die einer verstärkten Migration skeptisch gegenübersteht und teilweise allerlei Ressentiments vor sich her schiebt. Diese Noch-Mehrheit setzt viel daran, auch in Zukunft die Mehrheit zu stellen und einer verstärkten Migration entgegenzuwirken, z.B. durch die Einführung von reichlich absurden Einbürgerungstests.
Selbst wenn Bürger mit Migrationshintergrund und ihnen politisch nahestende "Ur-Deutsche" aber irgendwann die Mehrheit stellen, werden sie nicht umhin kommen, ebenfalls eine Quotierung festzulegen, was die weitere Migration angeht. Auch hier wird es einen Personenkreis geben, der um Einwanderung bittet und einen zweiten, der dieser Bitte nachkommt oder nicht.
"Migration" - warum in aller welt kann man das wort nicht so lassen wie es ist. Mit "Migranten" sind wohl immer "Immmigranten" gemeint, oder?
> Mit "Migranten" sind wohl immer
> "Immmigranten" gemeint, oder?
Immigration (Einwanderung) wäre hier sicherlich der präzisere Begriff, da Migration auch noch Emigration (Auswanderung) umfaßt, es in der Debatte aber nur um Immigration bzw. Immigranten geht. Dem könnte man entgegenstellen, daß einer Immigration immer eine Emigration vorausgehen muß, daß beide Prozesse zusammengehören und auch in einem gemeinsamen Kontext betrachtet werden sollten, womit wir dann wieder bei Migration als Oberbegriff wären.
Der Begriff "Migranten" ist im Diskurs jedenfalls nicht unüblicher als "Immigranten", beide Begriffe werden oft synonym verwendet -- obgleich sie eigentlich zu unterscheiden wären.
"Migration" muß zudem ja nicht zwangsläufig mit einem Staatenwechsel zu tun haben, es gibt ja auch noch Binnenmigration, in diesem Kontext würde man dann natürlich weniger von "Ein- und Auswanderung" sprechen.
ist mir trotzdem aufgefallen, dass speziell bei dem wort neuerdings immer immigranten (natürlich NACH deutschland) gemeint sind. verstehe nicht, warum man das im weglässt. vermutlich eine modeerscheinung.
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