David LaChapelle war bisher eigentlich nur als Fotograf und als Regisseur von Musikvideos bekannt. Beim Dreh von Christina Aguileras Video zu "Dirty" ist er dann auf einen neuen Ghetto-Tanzstil aus L.A. namens "Krumping" gestoßen:
"Krumping ist ein sehr schneller, expressiver Freestyle-Tanz, der viele Elemente des Breakdance und afrikanischer Stammes-Tänze enthält. Die Krump-Tänzer erzählen mit ihren Bewegungen Geschichten oder drücken als ungerecht empfundene soziale Missstände aus. Krumping wird auf offener Straße getanzt und ist "interaktiv", das Publikum wird in das Geschehen einbezogen und zum Mitmachen animiert. Es gibt auch Battles, also tänzerische Wettkämpfe zwischen verschiedenen Crews (auch "Clown-Gangs" genannt). Wichtiges Element des Krump ist die Gesichtsbemalung der Tänzer, welche die Funktion einer Art "Maske" erfüllt und sowohl den Gefühlen der Tänzer Ausdruck verleihen als auch eine die Distanz zwischen der Rolle des Tänzers und dem Menschen hinter der Maske darstellen soll. Die Gesichtsbemalung hat Ihre Urspünge im Clowning, wird aber oft auch mit afrikanischen Stammesriten in Verbindung gebracht.
Krumping ist in den frühen 90er Jahren in Folge der LA Riots in den armen Stadtvierteln von Los Angeles entstanden. Thomas Johnson, ein verurteilter Drogendealer, begann 1992 nach seiner Freilassung aus dem Gefängnis unter dem Namen Tommy the Clown als tanzender Hip-Hop-Clown aufzutreten. Tommy wurde in der schwarzen Bevölkerung LA's schnell zum Vorbild für Jugendliche und Kinder, die sich um ihn scharten und mit ihm bei Clown-Auftritten tanzten. Nach ein paar Jahren gründete Tommy die "Clown-Dancing-Academy" und nahm einige Jugendliche als feste Crew auf, andere gründeten eigene Tanzgruppen – das Clowning war geboren." (Wikipedia)
Aus dem "Clowning" entwickelte sich das "Krumping", welches noch expressiver und aggressiver ist. Zwischen "Clowns" und "Krumps" bestehen seither Rivalitäten die dann in "Battles" (Tanzwettbewerben) zwischen verschiedenen Teams ausgetragen werden.
Als David LaChapelle diese Bewegung für sich entdeckte, existierte sie schon gut 10 Jahre und tauchte in den letzten Jahren in verschiedenen Musikvideos auf. Trotzdem hat sich vor ihm noch keiner die Mühe gemacht, diesen Tanzstil und seine historische Entwicklung in einem Dokumentarfilm festzuhalten. Die Idee, daß sozial benachteilige Jugendliche ihre Aggressionen lieber im Tanz statt in handfesten Schlägereien oder gar Schießereien ausleben sollten, ist natürlich nicht neu; offensive "Tanzduelle" gab es zuvor bereits im Breakdance und anderen Tanzstilen. Und ob das mit dieser "Die-Kids-von-der-Straße-wegholen"-Logik tatsächlich immer funktioniert, ist natürlich fraglich. Trotzdem scheint die Rechnung in vielen Fällen aufzugehen. Gerade das gegenüber dem Clowning noch aggressive Krumping taugt offensichtlich ganz gut zum Kanalisieren von Frust und Wut. Inhaltlich werden dabei Alltags-Geschichten aus dem Ghetto dargestellt. Es geht folglich nicht um die Artikulation von Wut als solcher, sondern auch darum über deren Ursachen zu reflektieren.
Dabei begeht David LaChapelle zum Glück nicht den Fehler, sich in allzu viel Sozialromantik zu winden. Er dokumentiert einfach wie der Tanz Jugendlichen dabei helfen kann, besser mit ihrem Alltag zurecht zu kommen und illustriert das mit gut geschnittenen Tanzaufnahmen, die dann natürlich auch musikalisch entsprechend unterlegt sind. Man merkt dem Film in negativer wie positiver Hinsicht schon an, daß er von einem Video- und nicht von einem Doku-Regisseur gedreht wurde.
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