Dienstag, September 20, 2005

Bundestagswahl 2005 Teil 3 -- Die Krux mit der großen Koalition

Unmittelbar nach der Wahl schien eine große Koalition zwischen CDU/CSU und SPD unausweichlich, weil die FDP darauf insistierte, auf keinen Fall mit Rotgrün eine Ampel bilden zu wollen, an die Schwampel in den ersten Stunden noch keiner ernsthaft glaubte und Schröder kategorisch ein Zusammengehen mit der Linkspartei ausschloß.

Doch da die CDU/CSU unerwartet schlecht abgeschnitten hatte und der SPD unter Schröder eine grandiose Aufholjagd gelungen war, verkündete der Kanzler noch am Wahlabend selbstbewußt, eine stabile Regierung sei nur unter seiner Führung machbar. Merkel ist angeschlagen und ging in den "Elefantenrunde" am Wahlabend endgültig unter, während Schröder zur Bestform auflief und die ARD-Moderatoren zerlegte als sei er der Sieger dieser Wahl ("Sie können nicht..." -- "Wohl kann ich das"). Eine große Koalition also nur unter einem Kanzler Schröder? Obwohl Merkel stark angeschlagen ist und ihre "Parteifreunde" schon in Lauerstellung sind, bleibt der Fakt, daß die CDU/CSU drei Mandate mehr hat als die SPD und damit stärkste Fraktion ist. Klar, daß Merkel da nicht so ohne weiteres einknicken wird.

Das Zustandekommen einer großen Koalition scheitert im Moment also im wesentlichen daran, daß die Kanzlerfrage nicht gelöst werden kann, inhaltliche Differenzen wären dem gegenüber vermutlich nicht mal das größte Problem. Sowohl Schröder wie Merkel wollen diese Koalition führen und keiner würde sich dem anderen als Nummer 2 unterordnen. Wird Merkel Kanzlerin, verschwindet Schröder auf der Hinterbank und vice versa. Angedacht wurde auch die Variante, daß Schröder noch zwei Jahre Kanzler bleibt und dann den Posten für Merkel räumt. Nur könnte sich die angeschlagene Merkel kaum zwei Jahre in "Warteposition" halten, dazu ist ihr Fundament in der eigenen Partei zu schwach. Umgekehrt könnte Schröder auch nicht zwei Jahre aussetzen und dann auf einmal für noch mal 2 Jahre zurückkommen, das ließe er wohl nicht mit sich machen.

Wollte die SPD also als Juniorpartner in eine große Koalition mit der CDU/CSU unter Merkel gehen, müßte sie Schröder erst absetzen. Der ist aber nach seinem Comeback stärker als je zuvor in den eigenen Reihen und kann so wohl kaum zum Rücktritt gedrängt werden. Da ist es schon wahrscheinlicher, daß die CDU/CSU Merkel absetzt, Schröder Kanzler wird, die Mehrheit der Ministerposten aber an die CDU/CSU fällt. So eine Art Kuhhandel der CDU/CSU: "Wir lassen Schröder Kanzler bleiben, dafür fallen die wichtigsten Ministerien uns zu". Dennoch bleibt hier ein nicht zu unterschätzendes Problem: Wie soll die CDU/CSU Merkel abservieren, ohne dabei ihr Gesicht zu verlieren? Tut sie das, räumt sie offen ein, die Wahl verloren zu haben obwohl sie stärkste Kraft geworden ist. Das würde nur die SPD beflügeln und diese wäre in den Koalitonsverhandlungen noch schwieriger zu "sättigen".

Diskutiert wird auch die verwegene Variante, daß einfach beide Volksparteien ihre Spitzenleute absägen, daß also sowohl Schröder wie Merkel zurücktreten und dann dem Duo Roland Koch (CDU) und Peer Steinbrück (SPD) platz machen, wobei Koch Kanzler und Steinbrück Vize-Kanzler werden könnte. Die Koaltionsverhandlungen leiten würden dagegen Müntefering und Stoiber, die im Hintergrund die Fäden ziehen.

Links:

- Machtspiele um den dritten Wahlgang, SPON, 20.09.05

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