Zu einem Desaster artete die Wahl für die CDU in Berlin aus. Nur in einem einzigen Bezirk, dem gutbürgerlichen Steglitz-Zehlendorf konnte sich der Direktkandidat der CDU, Karl-Georg Wellmann, knapp gegen den SPD-Generalsekretär Klaus Uwe Benneter durchsetzen. Es war das erste Direktmandat das die CDU in Berlin seit 1994 ergattern konnte, 1998 und 2002 konnte sich kein einziger Direktkandidat durchsetzen (Tagesspiegel). Noch vor einigen Monaten sah das ganz anders aus, erst in den letzten Wochen wurde es in einigen sicher geglaubten Bezirken für die CDU noch mal knapp, bis sie sie dann gestern verlor.
Denn in Neukölln, Reinickendorf und Tempelhof-Schöneberg gab es ein ähnliches Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen CDU- und SPD-Kandidaten, doch überall konnte sich dort die SPD am Ende durchsetzen. Besonders bitter war hier die Niederlage für den ehemaligen Berliner CDU-Bürgermeister Eberhard Diepgen, der im Bundestag sein Comeback feiern wollte, jedoch in Neukölln dem SPD-Kandidaten Ditmar Staffelt mit 39,4 zu 36,5 Prozent unterlag (Tagesspiegel).
Besonders hart umkämpft war der Osterberliner Bezirk Pankow. Hier konnte sich Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) unerwartet deutlich gegen den ehemaligen DDR-Bürgerrechtler Günter Nooke (CDU), den Wahlanfechter Werner Schulz (Grüne) und den Shooting Star der Linkspartei in Berlin, Stefan Liebich, durchsetzen. Der "Querulant" Werner Schulz ist damit nicht mehr im Bundestag (Tagesspiegel), Günter Nooke steht vor dem Ende seiner Karriere (Tagesspiegel).
Ein anderer "Querulant" hat es dagegen wieder geschafft: Christian Ströbele von den Grünen konnte sein Direktmandat in Friedrichshain-Kreuzberg verteidigen, es dürfte republikweit das einzige Direktmandat der Grünen bleiben. Er erreichte 43,7 Prozent der Stimmen, während Ahmet Iyidirli von der SPD nur 21 Prozent einfahren konnte und PDS-Kandidatin Cornelia Reinauer sich mit 17,8 Prozent zufrieden geben mußte (Tagesspiegel). Ähnlich wie in Pankow hatte man eigentlich auch hier ein knapperes Ergebnis erwartet, weil Ströbeles Popularität sich im wesentlichen auf Kreuzberg beschränkte, während er in Friedichshain wirklich um Stimmen kämpfen mußte und wenig Zugang zu den Wählern fand.
Die Linkspartei war wie immer besonders im Ostteil der Stadt besonders stark, hier konnten sich wie erwartet Petra Pau in Marzahn-Hellersdorf und Gesine Lötzsch in Lichtenberg mit jeweils deutlich über 40% klar durchsetzen. Beide hatten schon 2002 zwei Direktmandate geholt, waren im Bundestag aber ziemlich einsam, da die Linkspartei damals noch nicht über 5% kam, also nicht in Fraktionsstärke einziehen konnte. Knapper fiel das Ergebnis in Treptow-Köpenick aus, wo sich aber dennoch Gregor Gysi gegen Siegfried Scheffler (SPD) durchsetzen konnte (Tagesspiegel). Jenseits von Berlin hatten einige Linkspartei-Größen weniger Glück, so unterlag Lothar Bisky in Frankfurt/Oder dem relativ unbekannten SPD-Kandidaten Jörg Vogelsänger mit 35,5 zu 33,3 Prozent (Tagesspiegel).
Insgesamt fallen von den 12 Direktmandaten in Berlin 7 an die SPD, 3 an die Linkspartei und jeweils eines an Grüne und CDU. Aber auch das Zweitstimmen-Resultat ist für die CDU in Berlin verheerend, mit 21,4% fuhr sie das schlechteste Ergebnis in der Geschichte des Landesverbandes ein (Tagesspiegel).
(Durch Fettmarkierung hervorgehoben sind jene Protagonisten mit "Bundesrelevanz", deren Schicksal also auch Leser dieses Blogs jenseits von Berlin interessieren könnte)
Links:
- Direktkandidaten: Die SPD hat erfolgreich gebangt, Der Tagesspiegel, 19.09.05
- Diepgen zieht in Neukölln den Kürzeren, Der Tagesspiegel, 19.09.05
- Wahlanfechter Werner Schulz scheitert, Der Tagesspiegel, 19.09.05
- Nooke vor dem Ende seiner Karriere, Der Tagesspiegel, 19.09.05
- Ströbele holt wieder das Mandat, Der Tagesspiegel, 19.09.05
- Auch bekannte PDS-Namen haben verloren, Der Tagesspiegel, 19.09.05
- CDU im tiefen Tal der Verlierer, Der Tagesspiegel, 19.09.05
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