Freitag, April 01, 2005

Zur Gefahr von Unwissen in der Demokratie, Teil 1

Teil 1 -- Wahlrecht und Meinungsfreiheit an den IQ koppeln?

senorita verfolgt in ihrem aktuellen Blog-Eintrag einen interessanten, provokanten Gedanken. Sie denkt, "die Meinungsfreiheit sollte proportional zum Verdummungsgrad eingeschränkt sein". Und: "Zusätzlich sollte auch die Gewichtung von Stimmen bei Wahlen in Proportion zum IQ gesetzt werden." Sie räumt ein, daß diese Überlegungen nicht ganz ernst gemeint waren. Gehen wir es dennoch mal durch.

Zunächst stellt sich das Problem, daß sich Intelligenz nicht wirklich objektiv ermitteln läßt. Es gibt diverse Verfahren zur IQ-Ermittlung, keines ist unumstritten. Zweitens ist auch unklar, was diese Zahl dann eigentlich wirklich aussagt. Drittens kann man natürlich solche Grundrechte wie das Wahlrecht oder das Recht auf freie Meinungsäußerung nicht von der Intelligenz eines Menschen abhängig machen. Das würde den Gleichheitsgrundsatz verletzten und zudem die Gefahr bergen, daß die Demokratie in eine Diktatur der Intelligenten über die weniger Intelligenten verkommt. Nur weil Person A intelligenter als Person B ist, folgt daraus ja nicht automatisch, daß Person A ein besserer Mensch ist, der sein Stimmenübergewicht dazu nutzt ganz uneigennützig auch im Sinne von Person B zu entscheiden. Letztlich wäre es ein sozialdarwinistischer Ansatz.

Der zentrale Faktor ist m.E. zudem nicht der "IQ", sondern die "Bildung". Intellektuelle Defizite können durch Akkumulation von Wissen bis zu einem bestimmten Grad kompensiert werden. Ich vertrete schon seit langem die These, daß Bildungsmangel die größte Bedrohung für demokratische Systeme darstellt. In einem System, in welchem die Macht vom Volk ausgeht, braucht das Volk auch einen entsprechenden Mindest-Bildungsstand, um soziale, politische und ökonomische Prozesse begreifen und durchschauen zu können. Wenn die Mehrheit diesen Bildungsstand nicht mehr erreicht, trifft sie Entscheidungen, die nicht nur subjektiv sondern auch objektiv derart falsch und weitreichend zugleich sind, daß sie das demokratische System früher oder später kollabieren lassen (siehe Vergangenheit).

Die Lösung kann natürlich nicht darin bestehen, daß man Menschen mit einem niedrigeren Bildungsstand das Wahl- oder Meinungsäußerungsrecht beschneidet, sondern viel mehr darin, daß man diesen Personen ermöglicht, ihre Bildungslücken zu schließen. Dazu muß man einiges tun: Man muß sie über ihre Lücken aufklären, Anreize schaffen damit sie bereit sind diese Lücken zu schließen und ihnen schließlich das entsprechende Wissen auch zugänglich machen.

Links:

- Blog-Eintrag bei senorita zu dem Thema

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