Das Auswahlverfahren
Eine Expertenkommission der Kultusministerkonferenz hat Görlitz und Essen als "Europäische Kulturhauptstadt 2010" nominiert. Aus dem Rennen sind damit u.a. Braunschweig, Bremen, Halle/Saale, Karlsruhe, Kassel, Lübeck, Potsdam und Regensburg. Andere Städte wie Köln oder Münster waren bereits vorher ausgeschieden.
Das letzte Wort hat nun der Bundesrat, der die Entscheidung der Kultusministerkonferenz noch abändern kann, bevor sie an die EU-Kommission weitergereicht wird und dann endlich die Stadt vom Europäischen Rat ernannt wird. Deutschland kann eine oder mehrere Städte vorschlagen. Eine Stadt aus Deutschland wird aber 2010 in jedem Fall zur Europäischen Kulturhauptstadt, dies ist so festgelegt. Sollte Deutschland Görlitz und Essen nominieren, hätte die europäische Jury immerhin noch eine Wahlmöglichkeit (was gewünscht, aber momentan noch nicht festgeschrieben ist).
Neben einer deutschen Europäischen Kulturhauptstadt wird es 2010 eine weitere aus Ungarn geben. Es soll bis 2019 jeweils immer eine Kulturhauptstadt aus einem alten EU-Staat und aus einem der neuen EU-Staaten ernannt werden.
Nachzulesen bei Wikipedia.
Die Motivation
Neben dem reinen Prestigegewinn ist der Titel insbesondere wegen der verstärkten, europaweiten und internationalen Aufmerksamkeit beliebt, die der Gewinnerstadt dann für ein Jahr zu teil wird. In diesem Jahr gibt es vermehrt kulturelle Veranstaltungen in der jeweiligen Stadt und mit steigenden Besucherzahlen sollen sich dann auch die Stadtkassen füllen.
Aber warum nun ausgerechnet Görlitz und Essen (welches sich stellvertretend fürs ganze Ruhrgebiet beworben hat)?
Görlitz
Sachsens Wissenschaftsministerin Barbara Ludwig (SPD) verweist darauf, daß das Konzept der Stadt Görlitz "wie kaum ein anderes die Idee der europäischen Einigung [verkörpert]. Eine europäische Stadt zweier Nationen, zweier Sprachen, zweier Kulturen - das ist das ganz große Potenzial dieser Bewerbung." (SPON).
Die zwei Kulturen auf die hier verwiesen wird, sind natürlich die deutsche und die polnische. Es geht also um eine deutsche und eine polnische Kultur. Deutsch und polnisch, schwarz und weiß, Yin und Yang -- hach, Kultur kann so schön linear sein. Da drängt sich ja förmlich die Frage auf, welche jetzt die Leitkultur ist. Vielleicht mal die Kollegen von der CDU fragen? Oder jene knapp 10% die in Görlitz bei der letzten Landtagswahl die NPD gewählt haben (ungefähr so viele wie SPD)? Ja, Görlitz ist schon ein feines Beispiel für das "europäische Zusammenleben".
Essen
Und Essen? Was ist eigentlich in Essen? Der Pott. Und weiter? "Es gebe eine besondere Art von Kultur im Ruhrgebiet, weil sie dort in früheren Industriestätten stattfinde." schreibt der SPON mit dem Verweis auf NRWs Wissenschaftsministerin Hannelore Kraft (SPD). Mhm, Industriestätten-Kultur also. Stillgelegte Zechen die vor sich hinrosten und zu Kulturdenkmälern mutieren. Dazu arbeitslose Zechkumpanen mit einer Eckkneipen-Kultur. Zu klischeehaft wahrscheinlich, aber was sonst soll man sich denn unter einer "besonderen Art von Kultur" vorstellen, wenn das besondere auf "frühere Industriestätten" zurückgeht?
Das letzte Mal das ich etwas von Essen gesehen habe, war in einem dieser Mantafilme ("Manta, Manta", "Manta der Film", irgend einer). Das wirft vermutlich ein düstereres Licht auf mich, als auf Essen ;). Aber mal ehrlich, wo wird denn sonst Essen erwähnt? In einem Schimanski-Tatort vielleicht, aber nein, das war ja Duisburg (glaube ich). Nun ja, insofern ist es vielleicht ganz wichtig, daß sich 2010 die Augen der Welt auf Essen richten und mir die kulturelle Vielfalt dieser Stadt ins Bewußtsein gerückt wird.
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