Donnerstag, September 02, 2004

Die Medien und der Anti-Hartz-Protest

im zuge des anti-hartz-protestes nehmen die medien auch zunehmend die eigene rolle (bzw. die der konkurrenz, denn es sind natürlich immer die anderen) unter die lupe. dazu zwei aktuelle artikel.

Jungle World: Der deutsche Einheitsbrei, 01.09.04
in der jungle world beschreibt thomas gesterkamp noch mal ganz treffend, wie in den medien vor den reformen immer fleißig gegen vermeintliche "sozialschmarotzer" gehetzt wurde und die regierung dazu angehalten wurde, ihre reformen um jeden preis durchzuziehen, komme was da wolle. erst jetzt, wo die gesetze in kraft treten (bzw. unmittelbar davor stehen in kraft zu treten) vollziehen die medien eine 180° wendung und machen auf einmal stimmung gegen reformen und kürzungen im sozialbereich. nicht nur, aber besonders hat der autor hier die springerpresse im visier. gesterkamp bezieht sich dabei auf kommunikationswissenschaftler, deren these es ist, daß boulevardzeitungen keine trends schaffen können, sondern nur bereits bestehende verstärken; daß sie also bewußt ihre fahne nach dem wind richten. es ginge nicht darum die regierung stürzen zu wollen, sondern einzig allein um die rettung der eigenen, seit jahren rückläufigen auflage. schröder kam damit nicht klar, mal war die bild-zeitung auf seiner seite, dann beim gleichen thema auf einmal nicht mehr. bedingt durch diesen hickhack hat er dann entnervt beschlossen, der bild keine interviews mehr zu geben, was sich nach meinung des autors als strategischer fehler erwies.

junge Welt: Herrschaftspresse, 01.09.04
während man in der jungle world also noch davon ausgeht, daß die medien nach ihrem sommerumschwung weiterhin auf der Seite der protestierenden stehen, skizziert arnold schölzel in der jungen welt ein anderes bild. hier wittert man eine verschwörung von presse und regierung gegen das volk. die mehrheit der bundesdeutschen printpresse verteidige inzwischen die agenda 2010, was sich exemplarisch unter anderem darin erkennen ließe, daß lafontaine hier fast ausnahmslos als populist und nicht als wirkliche alternative dargestellt würde (die junge welt hat beschlossen, in einer artikel-serie eine art verteidigungslinie für oskar zu bilden). die bundespresse verkennt nach meinung des redakteurs die ostdeutsche wirklichkeit und verbündet sich dabei mit der herrschenden kaste: "daß die zahl der demonstranten minimalisiert wird, ist staatsauftrag."

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