Dienstag, Juli 27, 2004

Doku-Sommer 2004: The Backyard

paul hough zeigt in seinem film "the backyard" eine art jackass für fortgeschrittene: perspektivlose, weiße jugendliche veranstalten im hinterland und auf hinterhöfen eine extreme form des aus dem fernsehen allgemein bekannten wrestlings. man bekommt einblicke in eine subkultur in der ritualisierte gewalt derart selbstverständlich geworden ist, daß einem angst und bange werden kann.

mit stacheldraht bestückte baseballschläger, ein mit glasscherben und reißzwecken überzogener boden und eine alu-leiter von der aus man springen kann, sind die grundutensilien dieses neuen freizeitvergnügens. wie im fernsehen springen die kontrahenten aufeinander rum und drangsalieren sich mit diversen gegenstände. nur, daß der backyard die realität ist, in der echtes blut spritzt. je mehr, desto besser. die akteure berichten sogar, daß man vor dem kampf idealerweise aspirin nimmt, weil dies angeblich das blut soweit verdünnt daß es anschließend umso intensiver fließt, wenn man sich eine platzwunde zuzieht.

die gleichsetzung von gewalt mit unterhaltung und freizeitspaß ist hier so tief in den köpfen verwurzelt, daß sie nicht mal mehr von den erwachsenen hinterfragt wird. zwar werden im film auch eltern gezeigt, die schwer schockiert sind und in tränen ausbrechen, wenn sie sehen was ihre kinder dort treiben, doch die mehrheit feuert sie an, ist stolz darauf was der eigene nachwuchs dort veranstaltet. und selbst wenn nicht, lautet der tenor zumindest: besser sie prügeln sich bis das blut in strömen fließt, als daß sie drogen nehmen oder den ganzen tag nur auf der straße rumlungern. und -- man mag es kaum glauben -- selbst die schule beteiligt sich und nimmt das backyard-wrestling kurzerhand in den leistungskurs auf.

fast alle protagonisten äußern den traum es auf diesem weg in eine der teuren profi-wrestling-schulen zu schaffen, obwohl das was dort gelehrt und anschließend im fernsehen zelebriert wird, nicht viel mit dem backyard-wrestling zu tun hat. das ist ihre vision eines sozialen aufstiegs. und wenn ihnen das nicht gelingt, dann bleibt ihnen zumindest die anerkennung der freunde, der familie und der nachbarschaft. eventuelle spätfolgen des harten körpereinsatzes sind ihnen dagegen völlig gleich. anders als fight club ist "the backyard" nicht fiktiv und die motivation der kämpfer ist kein aus dekadenz herausgeborener selbstfindungstripp, sondern schlicht das anerkennungsbedürfnis einer sozialbenachteiligten bevölkerungsschicht.

the backyard läuft seit dem 22. juli in den deutschen kinos.

- Offizielle Homepage des Films (de)
- IMDb-Eintrag

Weitere Informationsquellen dieses Eintrags:

- http://www.schnitt.de/filme/artikel/the_backyard.shtml
- http://www.kino-zeit.de/filme/artikel/1229_the-backyard.html
- http://www.br-online.de/kultur-szene/film/kino/0406/03221/

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