Donnerstag, August 17, 2006

Eher schwache Bilder-Fakes im aktuellen Nahost-Krieg

Viel Aufregung gab es um die Manipulation eines Reuters-Fotos, das der libanesische Fotograf Adnan Hajj geschossen und anschließend mit Photoshop nachbearbeitet hat. Reuters hat sich inzwischen von dem Mann getrennt. Dabei war die Manipulation so dramatisch nun auch nicht. Er hat den Rauch der aus den bombardierten Häusern aufsteigt etwas verstärkt und damit dramatisiert (siehe hier und hier). Dennoch wirkt der Unterschied zwischen den Bildern auch nicht so drastisch. Daß gebombt wurde und deshalb Rauch aufgestiegen ist, bestreitet auch keiner.

In einem zweiten Fall wird eine libanesische Frau gezeigt, die die Zerstörung ihres Hauses nachdrücklich beklagt. Sie taucht auf mindestens zwei, vermutlich sogar drei verschiedenen Fotos auf - jedesmal vor einem anderen Haus. Da die Frau vermutlich nicht mehrere Häuser besitzt, ist klar, daß die Bilder inszeniert wurden (siehe hier und hier). Ein Haus stand in einer Vorstadt von Beirut, ein weiteres in Süd-Beirut selbst. Fragt sich nur, warum der Fotograf oder wer immer die Inszenierung veranstaltet hat, dafür eine Frau durch die Stadt kurvt. Einfacher wäre es doch vermutlich, jeweils eine Person die man von Ort antrifft zu bezahlen, damit sie posiert.

Im dritten Fall ist ein junger Mann der auf einem Bild auf die Trümmer zeigt auf dem nächsten scheinbar eines der Opfer (siehe hier und hier). Wenn es sich wirklich um dieselbe Person handelt, ist klar, daß auch diese Fotos inszeniert worden sind.

Für die Nachrichtenagenturen und Zeitungen ist das natürlich ein Problem, weil sie durch solche Fakes ihre Glaubwürdigkeit einbüßen, selbst wenn sie den Fehler korrigieren. Dennoch habe ich bisher nicht ein Fake-Foto in der Berichterstattung gesehen, daß die Aussage des Original-Fotos ins Gegenteil verkehrt oder völlig verzehrt. Viel mehr geht es immer nur darum, eine tatsächlich vorhandene Gegebenheit durch Manipulation zu verstärken. Seriös ist das natürlich nicht, aber es ist auch kein so krasser Skandal. Israel bombt den Libanon und beschießt Städte mit Artillerie, dabei sterben auch Zivilisten. Das Leid und die Zerstörung sind eine Realität, die auch durch eine Hand voll manipulierter Bilder nicht relativiert wird.

Solange die manipulierten Fotos in Quantität und/oder Qualität nicht deutlich zunehmen, ist der Skandal noch klein. Aus ein paar Fakes kann jedenfalls nicht eine systematische Verfälschung der Berichterstattung aus dem Kriegsgebiet hergeleitet werden. Und wer sagt, die aufgedeckten Manipulationen sind nur die Spitze des Eisbergs, der sollte dafür dann auch Beweise oder zumindest weiterführende Indizien vorweisen können.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

man muss bilder nicht unbedingt manipulieren, um die aussage ins gegenteil zu verdrehen. es reicht, wenn man sie in einen falschen kontext stellt: http://www.novo-magazin.de/itn-vs-lm/index.htm

ich vermute als hauptgrund für die aktuellen fakes, dass die fotografen ihre bilder verkaufen wollen. schliesslich liegen dort genug leichenteile in der gegend, die wesentlich drastischere bilder liefern würden. um die grausamkeit der angriffe zu dokumentieren, sind die fakes also völlig unnötig. allerdings drucken die zeitungen in der regel keine bilder, die dazu führen, dass die leser ihre frühstücksbrötchen auf den tisch kotzen.