Gottlob, wir haben Aschermittwoch und damit auch das Ende von Karneval, Fastnacht und Fasching erreicht. Ich vertrete ja seit jeher die These, daß die debile "Witzigkeit" des Deutschen nirgendwo so vollendet in Erscheinung tritt, wie in der Karnevalszeit. Das mag daran liegen, daß ich als Norddeutscher einfach keinen Zugang zu diesem Klamauk finde. In Berlin feiert man nur als Kind Fasching in der Grundschule, ab einem gewissen Alter setzt sich hier aber die Erkenntnis durch, daß es nicht mehr lustig sondern peinlich ist, sich in irgend ein Cowboy- oder Clowns-Kostüm zu zwängen. Im süddeutschen, rhein- und münsterländischen Raum erhält man sich diese infantile Ader dagegen bis ins hohe Alter. Mit teilweise gruseligen Resultaten.
Anders als bei anderen klassisch-deutschen Saufveranstaltungen wie dem Oktoberfest oder den berüchtigten Ballermann-Orgien auf Mallorca kommt im Karneval noch eine weitere häßliche Komponente hinzu: der breitengesellschaftlich verordnete Frohsinn. Dieser ist nicht situativ, ensteht nicht spontan aus einer Stimmung heraus; viel mehr steht schon von Anfang an fest, in was für eine Stimmung man sich zu begeben hat. Dadurch bekommt der "Frohsinn" eine aufgesetzt wirkende, berechenbare Dimension.
Nun scheiden sich am Geschmack wie am Humor bekanntlich die Geister. Aber mal ehrlich, habt ihr nicht auch schon mal in so eine Karnevalssitzung reingezappt wo ein Kalauer nach dem anderen präsentiert wird, und dabei gedacht: "Jesses, wie beschränkt muß man eigentlich sein, um das jetzt komisch zu finden?". Nicht das flache Niveau als solches ist schaurig, sondern eher daß es offenbar einem nicht unerheblichen Anteil der deutschen Bevölkerung zu munden scheint. Und durch den erhöhten Alkoholpegel allein, ist das meiner Meinung nach nicht zu erklären.
Ich stelle mir dann immer vor, wie das wohl auf jemanden wirken muß, der nicht in diesem Land geboren wurde. Es finden sich vermutlich auch im Ausland vergleichbar peinliche Rituale, doch die mitteleuropäische Karnevalskultur befindet sich zweifellos ganz weit oben auf der internationalen Peinlichkeits-Skala.
Dabei zeigt ja gerade ein Blick ins Ausland, daß man Karneval auch anders -- weniger borniert und tumb -- feiern kann. Während in Rio Sambaschulen ihre kunstvoll geschmückten, austrainierten, sinnlich anmutenden Tänzerinnen durch die Stadt ziehen lassen (SPON, SPON und SPON) sieht man in Deutschland lallende Jecken (SPON), bekommt der Karneval so eine Betriebsfeier-Atmosphäre, in der der angeheiterte, bierbäuchig-halbglatzige Abteilungsleiter die Gunst der Stunde nutzt, um die sturzbesoffene, zellulitis-schenkelige Vorzimmerdame zu befummeln. Okay, das war jetzt vielleicht etwas klischeehaft, aber die ästhetische Rückständigkeit der Deutschen bei der Inszenierung des Karnevals im direkten Vergleich mit den Brasilianern, wird wohl kaum jemand bestreiten wollen.
Insgesamt haben wir in Deutschland eine nicht schön anzusehende, vereinsmeierische, infantile, in einem platten Humor verhaftete Karnevalskultur, die dann auf zivilisiertere Mitmenschen doch sehr peinlich wirken muß.
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3 Kommentare:
ich bin beeindruckt. bei mir im blog steht nur: "Der tag is schön weil aschermittwoch ist" und du? du schreibst ein din a4-blatt mit meinen gedanken. DANKE SCHATZI
genauso, wie jedes jahr dieser "affentanz" meine seele betrübt, gibt es jedes jahr jemanden, der mir aus der seele spricht und selbige wieder erheitert. danke *g*
Es freut mich, daß ihr es auch so seht. Der Beitrag fand allerdings nicht nur Zustimmung, hartnäckige Karnevalisten sehen das natürlich etwas anders ;).
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