Donnerstag, März 30, 2006

... but some are more equal than others

Weil er zum Christentum übergetreten war, drohte dem Afghanen Abdul Rahman in seinem Heimatland die Todesstrafe. Durch internationalen Druck wurde er jedoch freigelassen und erreichte gestern Italien, das ihm Asyl gewährte (SPON). Zunächst wollte der zuständige Richter sich dem Druck von außen nicht beugen (SPON). Doch Hamid Karzais Telefon stand nicht mehr still, Merkel, Rice, Papst Benedikt, etc. pp. klingelten bei ihm durch und gaben ihm zu verstehen, daß man einen Mann nicht hinrichten dürfe, nur weil er die Religion gewechselt hat (SPON). Schließlich diagnostizierte der afghanische Supreme Court Mängel im Prozeß und Rahmann wurde entlassen (SPON). Dann wollte ihn das Parlament wenigstens im Land belassen (SPON), am Ende konnte er dann aber doch nach Italien ausfliegen.

Nach afghanischer Rechtslage wird Religionsfreiheit zwar in der Verfassung garantiert, gleichzeitig darf aber nichts was in der Verfassung steht oder als Gesetz erlassen wird im Widerspruch zur Schari'a stehen. Die interessante Frage ist natürlich, wie eine solche Konstellation bei dem durch den Westen überwachten Aufbau rechtsstaatlicher Strukturen in Aghanistan überhaupt zu stande kommen konnte. Stattdessen wird jetzt im Nachhinein dort interveniert, wo eigentlich verfaßtes Recht angewendet werden sollte.

Natürlich kann der Westen nicht einfach unkommentiert zusehen, wie die Afghanen einen Menschen hinrichten, nur weil er vom Islam zum Christentum konvertiert. Trotzdem ist die Art und Weise, wie man sich deswegen öffentlichkeitswirksam in inner-afghanische Prozesse einmischt natürlich verheerend. Denn was lernen die Afghanen aus dieser Polit-Posse?
  1. Afghanistan ist kein souveräner Nationalstaat, was in Afghanistan Recht und was Unrecht ist, das legt im Zweifelsfall das westliche Ausland anhand der eigenen Norm- und Wertvorstellungen fest.

  2. Die Regierung Karzai ist nichts weiter als eine Marionette des Westens, wenn der Westen sagt "Spring, Karzai", dann muß Karzai springen.

  3. Eine Gewaltenteilung in Exekutive, Legislative und Judikative existiert in Afghanistan nur auf dem Papier. Wenn die Regierung aufgrund einer internationalen Intervention dies oder jenes veranlaßt, muß sich auch ein vermeintlich unabhängiges Gericht diesem Willen beugen.
Gut, vermutlich lernen sie demnach nichts, was sie nicht auch schon vorher gewußt hätten. Trotzdem dürfte eine derart offene Demontage von Regierung und Parlament der Etablierung von demokratischen Strukturen in Afhganistan nicht eben förderlich sein. Karzais Stellung ist ohnehin schon schwach und sie wird kaum stabiler, wenn auch der letzte Afghane vorgeführt bekommt, das Afghanistan nur auf dem Papier ein autonomer Staat ist, in dem real letztlich vom Westen die Entscheidungsgewalt ausgeht.

Der Verweis auf die "Internationale Menschenrechtskonvention", die auch Aghanistan unterzeichnet hat, mag zurecht erfolgen. Genauso wie zurecht auf Menschenrechtsverletzungen der USA beispielsweise in Guantanamo verwiesen wird. Der Unterschied ist nur der, daß die USA sich dem internationalen Druck nicht beugen müssen, Afghanistan schon. Das mag der Lauf der Dinge sein, nur wird man so eben auch nur schwer Nicht-Demokraten von den Vorzügen der Demokratie überzeugen können.

Man würde sich zumindest wünschen, daß all die Politiker die so eindeutig gegen die drohende Hinrichtung von Abdul Rahman Front gemacht haben, dies mit gleicher Konsequenz auch bei Menschenrechts-Verstößen in westlichen Industriestaaten tun würden. Immer nur dann den Menschenrechtler zu mimen, wenn es um einen Staat geht, den man aufgrund seiner momentan schwachen internationalen Stellung leicht herumschubsen kann, wirkt jedenfalls wenig glaubhaft.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

achja bloomsi, watt soll ich sagen? wieda mal ein toll zusammengefasster bericht ! dankeschön :)