Freitag, Juli 23, 2004

Doku-Sommer 2004: Gunner Palace

wem filme wie "fahrenheit 9/11" oder "outfoxed" zu einseitig und zu plakativ sind, der findet vielleicht gefallen an michael tuckers "gunner palace". von der FASZ ausgegraben und vom SPIEGEL übernommen, wird gunner palace zu einer art "anti-moore-film" deklariert, der die us-truppen in einem ganz anderen licht erscheinen läßt.

tucker nimmt die position eines "embedded journalists" ein, der mit den soldaten unterwegs ist und so einen hautnahen eindruck ihres alltags, ihrer verhaltenweisen und ansichten bekommt. dabei hat er nicht anspruch, objektiv zu sein, sondern räumt offen ein, daß er am ende nicht mehr "sie", sondern "wir" gesagt hat, sich also als ein teil der einheit gefühlt hat, die er begleitet hat. das wirkt sich durchaus positiv auf den film aus, weil tucker im umkehrschluß von den soldaten nicht mehr als fremder, als beobachter wahrgenommen wird, sondern als einer der ihren. das sind ideale voraussetzungen, wenn man soldaten in ihrem normalen verhalten beobachten will ohne daß der eindruck entsteht, sie spielten jetzt etwas vor, weil die kamera mitläuft.

obwohl tucker nichts inszenieren will, wirkt der film kritikern zufolge dennoch oft genau so. zum beispiel, wenn soldaten in ihrem verhalten ganz bewußt posen nachahmen, wie sie sie aus vietnam-filmen kennen. der regisseur muß also nichts inszenieren, weil sich die protagonisten auch ohne sein zutun in ihrem alltag ständig selbst inszenieren, egal ob da nun eine kamera läuft oder nicht. es sind einfach bestimmte posen und riten, die sie übernommen haben und fortführen.

man könnte tucker vielleicht vorwerfen, er würde den alltag verharmlosen. während immer wieder neue foltervorwürfe auftauchen, filmt er beispielsweise, wie die soldaten höflich und zuvorkommend mit ihren gefangenen umgehen. oder daß er irgendwelche rührseligen szenen aus dem privatleben der soldaten zeigt und so mißstände kaschiert, indem er sie mit der message "soldaten sind auch nur menschen" überplättet. höchstwahrscheinlich menschelt es an allen ecken und enden in seinem film. dennoch wirken die szenen angeblich selten übertrieben pathetisch und auf polemik wie sie als stilmittel in einem moore-film unerläßlich ist, verzichtet tucker ganz. ein abschließendes urteil kann ich mir allerdings erst bilden, wenn ich den film gesehen habe.

bisher konnte tucker noch keinen verleih für seinen film finden, momentan sind filme die den irak-krieg in ein positives licht rücken, nicht sonderlich beliebt. besonders nicht in deutschland, wo michael tucker zur zeit lebt. auf seiner website finden sich jedoch zumindest trailer.

- Offizielle Homepage des Films
- IMDb-Eintrag

Weitere Informationsquellen dieses Eintrags:

- http://www.spiegel.de/kultur/kino/0,1518,309205,00.html

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