Sonntag, Januar 27, 2008

C’était un rendez-vous



Im Jahr 1976 hatte der französische Regisseur Claude Lelouch gerade "Ein Hauch von Zärtlichkeit" abgedreht und vom Dreh noch einige Filmrollen übrig. Er befestigte daraufhin eine Kamera an der Stoßstange eines Mercedes 450 SEL 6.9 und drehte in einem einzigen Take (sic!) den knapp 9 minütigen Kurzfilm "C'était un rendez-vous", der zeigt, wie Lelouch mit einem absolut mörderischen Tempo am frühen Morgen durch die Pariser Innenstadt jagt.

Spiegel Online hat die Geschichte vor kurzem wieder ausgegraben, viele der dort eingebrachten Infos finden sich allerdings auch in der Wikipedia.

Nach diesen Quellen hört man im Video zwar den Motor eines Ferrari 275 GTB, tatsächlich hat Lelouch aber wie oben schon erwähnt einen Mercedes 450 SEL 6.9 gefahren, angeblich weil die noch härtere Federung des Ferrari keine brauchbaren Aufnahmen ermöglicht hätte. Der Sound des Ferrari Motors wurde dann nachträglich eingefügt, nachdem man dieselbe Strecke noch mal mit besagtem 275 GTB abgefahren war. Auch ist nach aktueller Faktenlage Lelouch die Strecke auch tatsächlich selbst gefahren und nicht irgendein professioneller Fahrer, wie lange vermutet wurde.

Die Herleitung des Titels (C’était un rendez-vous) erschließt sich erst am Ende des Films, Lelouch steigt aus (man sieht nur seine Beine) und umarmt eine Frau die gerade die Treppen hinauf kommt. Es handelt sich dabei um Gunilla Karlzon, die damalige Lebensgefährtin von Lelouch.

Die gefahrene Strecke laut Wikipedia: Tunnel auf dem Boulevard périphérique an der Porte Dauphine -> Avenue Foch -> Arc de Triomphe -> Avenue des Champs-Élysées -> Place de la Concorde -> Quai des Tuileries -> Louvre: Jardin du Carrousel -> Grand Opéra Paris -> Galeries Lafayette -> Trinite -> Pigalle -> Boulevard de Clichy -> Place Blanche -> Rue Coulaincourt -> den Montmartre hinauf -> Avenue Junot -> Rue Norvins -> Place du Tertre -> Sacré-Cœur.

Wer will, kann sich auf einer Website den Verlauf der Strecke auch bei Google Maps ansehen, während zeitgleich das Video bei Google Videos läuft. Man sieht also in "Echtzeit", wo sich das Auto gerade auf der Karte befindet.

Eine Strecke in unter 9 Minuten zu schaffen, für die man in Stoßzeiten bis zu einer Stunde braucht, ist eine respektable Leistung. Dabei ging Lelouch aber auch an die Grenze des Machbaren, es wurden insgesamt 15 überfahrene rote Ampeln gezählt und eine Spitzengeschwindigkeit von rund 140 km/h auf der Avenue Foch berechnet. Auf den Champs Elysées waren es immerhin auch 110 km/h. Mehrmals ist in dem Film zu sehen, wie Lelouch kurz vor einer Kollision mit Tauben, Passanten und besonders natürlich dem Querverkehr steht.

Juristische Konsequenzen hatte die Aktion allerdings wohl trotzdem keine, es hieß zwar der Film sei damals sofort beschlagnahmt worden und Lelouch in den Knast gewandert, doch weder das eine noch das andere läßt sich belegen.

Der Film ist radikaler und konsequenter als jede auf Film gebannte Verfolgungsjagd, gerade weil es nicht um ein künstlich inszeniertes Film-Rennen geht, das auf einer abgesperrten Strecke stattfindet. Dieser Faszination gegenüber steht die Tatsache, daß es natürlich völlig unverantwortlich ist, was Lelouch dort treibt, riskiert er doch nicht nur sein Leben, sondern auch das unbeteiligter Dritter. Heute wäre der Film nicht zuletzt aufgrund der erhöhten Verkehrsdichte selbst am frühen Morgen wohl nicht mehr machbar.

Keine Kommentare: