Donnerstag, Dezember 14, 2006

EU-Kommissar Günter Verheugen -- Ein Nackedei auf Abwegen?

Es gibt plumpe und subtile Versuche, einen Politiker aus dem Amt zu schreiben. Die Variante im Fall des EU-Kommissars Günter Verheugen ist schlicht weg dreist.

Es geht um Fotos von Verheugen die ihn nackt an einem FKK-Strand mit seiner Kabinettschefin Frau Erler zeigen sollen. Der Focus ist angeblich im Besitz dieser Bilder, traut sich aber nicht sie zu veröffentlichen. Was die Bild-Zeitung nicht davon abhält, mit diesen imaginären Fotos Schlagzeilen zu machen. Doch der Reihe nach, die ganze Geschichte begann bereits im Sommer:

"Die crossmediale Zusammenarbeit der ungleichen Blätter hatte schon einmal im Sommer funktioniert, ohne allerdings das erhoffte Ergebnis zu erreichen. Damals veröffentlichte Bild Bilder des urlaubenden Verheugen. Sie zeigten den Kommissar Händchen haltend mit seiner Kabinettschefin in Litauen. Die FAZ und einige wenige andere Blätter woben daraus den Vorwurf der Günstlingswirtschaft. Insinuiert wurde, dass Verheugen Frau Erler nur auf den hohen Brüsseler Posten berufen habe, weil er ein Verhältnis mit ihr unterhalte. Beide bestreiten dies bis heute nachdrücklich." (ZEIT online, 08.12.06)

Es gab also damals schon Fotos, die Verheugen mit Frau Erler zusammen im Urlaub zeigten -- damals noch bekleidet. Der Vorwurf, Erler sei seine Geliebte und habe ihren Posten aufgrund dieser Tatsache bekommen, ließ sich nicht belegen. Jetzt legte Focus nach und kündigte an, weitere Bilder zu haben, die Verheugen nackt mit Erler an einem FKK-Strand in Litauen zeigen.

Das Problem des Focus: Er kann die Bilder nicht so ohne weiteres veröffentlichen, da sie die Intimsphäre des Politikers betreffen:

"Frau Erler badet gern nackt. Herr Verheugen normalerweise eher nicht. Sind solche Ganzkörper-Fotos im öffentlichen Interesse? Beweisen sie etwas? Und: Was haben EU-Beamten damit zu? Verheugen hat sich in Brüssel viele Feinde gemacht, als er öffentlich über zu viel EU-Bürokratie klagte.

Der Mann, der einst mal Volontär beim Regionalblatt NRZ war, müht sich seit einer Woche, mit Gerichtshilfe die Publizierung der Nackt-Bilder definitiv zu untersagen; bislang wird nur gedroht. In der Rechtsprechung gehört der nackte Körper zur Intimzone. Als vor einem Jahrzehnt heimlich geschossene Fotos einer Schauspielerin erschienen, sah das Hamburger Oberlandesgericht 'eine schwerwiegende Verletzung es Persönlichkeitsrechts'." (Süddeutsche Zeitung, 08.12.06)

Der Focus beläßt es also bis dato dabei mit der Veröffentlichung der Nacktfotos nur zu drohen. Denn legitim wäre deren Veröffentlichung erst, wenn damit bewiesen werden könnte, daß Frau Erler durch ihre persönliche Beziehung zu Verheugen an ihre Position gekommen ist. Genau diese Beweiskraft wohnt den Bildern aber eben nicht inne. Verheugen und Erler betonen nur Freunde zu sein, Verheugens Frau sagt von dem gemeinsamen Urlaub ihres Mannes mit seiner Kabinettschefin gewußt zu haben. Die Bilder bieten Möglichkeit so einiges hineinzuinterpretieren, beweisen tun sie nichts:

"Grundsätzlich ist an einem FKK-Strand das Fotografieren durch Dritte sowieso tabu. Und auch wenn Verheugen eine Person der Zeitgeschichte sein sollte, ist sein Recht auf Privatsphäre durch das Presserecht geschützt. Nackt ist eindeutig privat. Eine Veröffentlichung kann also nur erfolgen, wenn den Fotos politische Relevanz beigemessen werden könnte." (taz, 09.12.06)

Die Tatsache, daß der Focus mit einer Schlagzeilen von Fotos aufmacht, die er gar nicht veröffentlicht, die Bild dann mit einer Story darauf verweist, Focus hätte solche Bilder und die FAZ ebenfalls auf den Zug aufspringt, wird in der linken Presse -- zurecht -- als Skandal gebrandtmarkt. In der taz faßt man den Sachverhalt wie folgt zusammen:

"Zum Mitschreiben: Der Focus bringt Fotos nicht auf den Markt, wartet die 'Entwicklung' der 'Causa' ab, um dann auf der Grundlage einer Entwicklung, die man durch nichtpublizierte Fotos initiiert hat, zu entscheiden, ob man die Fotos publiziert. Oder ob man sie nun publizieren kann. Das - und das Pingpong mit Bild - hat eine ganz neue Qualität." (taz, 09.12.06)

Die taz reagierte auf ihre ganz eigene Art, in dem sie mit einem Titelblatt aufmachte, daß Kai Diekmann (Bild) und Helmut Markwort (Focus) in einer gemeinen Fotomontage nackt am Strand zeigte, Titel: "Focus-Chef Markwort und der bildhübsche Kai -- Mehr als nur Kollegen?"

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