Sonntag, September 10, 2006

11'09"01 - September 11

Pünktlich zum Jahrestag der Anschläge vom 11. September 2001 ist auch in Deutschland wieder ein breites Angebot an Dokumentationen im Fernsehen zu finden, die den Terroranschlag dokumentieren.

Brauchbare Filme zum Ereignis gibt es bisher nur wenige und alle sind in der Regel stark umstritten (siehe z.B. Oliver Stones neuer Film "World Trade Center"). Einer der bis dato besten Filme zu dem Thema ist der Episoden-Spielfilm 11'09"01 - September 11 aus dem Jahr 2002 (also nur ein Jahr nach den Anschlägen).

Der Film ist ein internationales Gemeinschaftsprojekt: 11 Regisseure haben jedenfalls einen Kurzfilm zum besagten Datum gedreht. Die einzige Bedingung der Initiatoren war, daß jeder Kurzfilm genau 11 Minuten, 9 Sekunden und 1 Bild lang ist (daher die Schreibweise des Titels 11'09"01, natürlich auch in Anspielung auf das Datum der Anschläge).

Die 11 Regisseure sind
- Samira Makhmalbaf (Iran),
- Claude Lelouch (Frankreich),
- Youssef Chahine (Ägypten),
- Danis Tanovic (Bosnien-Herzegowina),
- Idrissa Ouédraogo (Burkina Faso),
- Ken Loach (Großbritannien),
- Alejandro González Iñárritu (Mexiko),
- Amos Gitai (Israel),
- Mira Nair (Indien),
- Sean Penn (USA) und
- Shohei Imamura (Japan).

So unterschiedlich der kulturelle Background der 11 Filmemacher ist, so unterschiedlich sind auch ihre Assoziationen mit dem Datum. Der Brite Loach bringt das Datum z.B. in Verbindung mit dem 11. September 1973, dem Tag an dem Pinochet mit Hilfe der USA Allende stürzte und eine Militärdiktatur errichtete. In Burkina Faso läßt Regisseur Ouédraogo zwei Jungen auf die Jagd nach dem Chefterroristen höchstselbst gehen. Sie meinen ihn erkannt zu haben und wollen die Belohnung einstreichen, die ihnen einen Ausweg aus der Armut bieten würde. In Sean Penns Episode spielt Ernest Borgnine einen einsamen, resignierten Rentner der in New York in seiner Wohnung vor sich hinvegetiert. Als die Türme des World Trade Centers fallen, erhält seine Wohnung - die bisher im Schatten der Türme stand - auf einmal Licht und verwelkte Blumen auf dem Fensterbrett fangen symbolisch wieder an zu blühen. Eine ästhetisch und kameratechnisch geniale Episode.

Die verschiedenen Sichtweisen der Filmemacher dokumentieren die Komplexität der Realität und stehen damit auch als ein Appell gegen eine zu einseitige, allein auf Schwarz-Weiß-Denken basierende Wahrnehmung. Ein- und dasselbe Ereignis kann bei unterschiedlichen Personen divergente Wahrnehmungen hervorrufen. Anders als z.B. bei Oliver Stones neuem Film ist es also nicht das Ziel dieses Epiosdenfilms, einfach nur den Ablauf des Attentats (und das daraus resultierende Grauen) auf die Leinwand zu bannen, sondern das Thema "9/11" etwas abstrakter und vielschichtiger anzugehen. Den Film ist in jedem Fall sehenswert, auch wenn die Episoden von teils unterschiedlicher Qualität sind. Der eine mag den einen Part lieber, der nächste einen anderen. Insgesamt ist der Film jedoch sowohl ästhetisch wie politisch ansprechend.

Der Film läuft zu den folgenden Terminen:

- 11.09.06, ARTE, 22:15 Uhr
- 12.09.06, NDR, 23:45 Uhr
- 14.09.06, SF2, 03:20 Uhr
- 16.09.06, ARTE, 00:40 Uhr

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Den Film, von dem ich schändlicherweise noch nichts gewusst habe, werde ich mir auf alle Fälle ansehen. Die Abendunterhaltung für den Montag ist damit gerettet. Danke;)