Freitag, Juni 06, 2008

Spiel, Satz und Sieg



Alexander Marcus sieht aus wie der perfekte Schwiegersohn, einer der aus gutbürgerlichem Haus kommt, die Haare nach hinten gegelt hat, seinen Pullover verknotet über den Schultern trägt und den man sich am ehesten auf einem Golfplatz oder im BMW-Cabrio auf Sylt vorstellen kann. Eine Art zweiter Florian Silbereisen, der in Volksmusik macht und Zuhörer jenseits der 60 in Verzückung versetzt.

Doch im Gegensatz zu Silbereisen wirkt er nicht unfreiwillig komisch, er überzeichnet sein Schmalztollen-Image absichtlich und inszeniert sich offensichtlich ganz bewußt selbstironisch.

Wie das konkret aussieht kann man im Video zu "Spiel, Satz und Sieg" wunderschön sehen. In einem Café macht Alexander sich schmierig an eine blonde Kellnerin ran, die daraufhin kotzen muß. Wobei nicht ganz klar ist, ob er, sein Tanzstil oder seine Musik ihren Brechreiz auslöst.

Die Musik wurde zuvor angestellt vom Café-Besitzer (oder -Manager), der tätowiert ist und ein Bad Religion Muscleshirt trägt -- aber dennoch behauptet, der Song wäre seiner. Er bringt Alexander eine Suppe, weist diesen noch extra daraufhin, daß diese noch ganz heiß sei. Doch Alexander verbrennt sich trotzdem die Finger.

Er springt und windet sich vor Schmerzen, die er sich durch das Anfassen der Suppenschale zugefügt hat (hält dabei aber immer mal wieder kurz inne, was die Szene noch gotesker macht). Währenddessen läuft draußen ein Touristen-Rentner-Ehepaar vorbei, das wie sich aus dem Dialog erschließt gerade zu Besuch in Berlin ist. Sie sehen Alexander durch das Fenster des Cafés und der Mann ruft aus "Wir müssen Zivilcourage zeigen" woraufhin sie ins Café kommen, um Alexander zu helfen.

Das bringt nicht viel und dem Café-Besitzer platzt der Kragen, er schmeißt alle raus. Jetzt will er sich selbst an die Kellnerin ranmachen, kassiert aber nur eine Ohrfeige, während sie auf einmal entzückt über Alexander ist, der inzwischen in mehrfacher Ausgabe vor dem Café tanzt. Die Kellnerin rennt raus, fällt Alexander in die Arme und beide stürmen davon.

Ein völlig durchgeknalltes, absurdkomisches Video von Andreas Coupon, das man einfach lieben muß, egal ob einem nun die Musik zusagt oder nicht.

Alexander Marcus bezeichnet seinen Stil selbst als "Electrolore", angeblich eine Mischung aus Electro und Folklore. Akustisch läuft dies dann auf eine Mischung von Schlager und House-Beats hinaus.

Christian Möller beschreibt in einem Artikel bei 1Live wie die Fans beim Hören von Alexander Marcus fast irre werden, weil sie nicht ergründen können, was sie an der Musik so fasziniert, die sie normalerweise eigentlich als Schrott ablehnen würden.

Die Figur, das Image des Alexander Marcus wirkt so konstruiert und überzeichnet, daß man leicht vermuten könnte, die Figur als solche ist ein einziges Kunstprodukt. Auf spex.de heißt es, "Alexander Marcus" sei das Pseudonym von Felix Rennefeld, einem House-Produzenten.

Wenngleich Alexander Marcus also nur eine Kunstfigur ist, geht die Marketingstrategie eine groteske Mixtur aus Schlager und House mit passend trashigen Videoclips zu kombinieren ganz offensichtlich auf, denn Marcus' Fangemeinde wächst beständig.

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